Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 297
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0299
Langweiligere Rechteckinseln und das
Außerachtlassen ästhetischer Gesichtspunkte
in Karlsruhe, Mannheim und Frei-
burgs südwestlichem Stadtteil begünstigen
eine Bebauung, die dem Profitstreben der
vermietenden Hausbesitzer und den kletternden
Bauplatzpreisen entsprachen.

Der industrielle Aufschwung zog bei Fabrikanten
oft ein Patronatsdenken nach sich.
Wie Väter einer großen Fabrikfamilie versuchten
sie mit sozialen Einrichtungen
und Arbeiter-Reihenhäusern für
ihre Beschäftigten zu sorgen. Diese Einstellung
erlahmte jedoch rasch, als der Konk.ur-
renzdruck zunahm, der Arbeiterbedarf
schneller als der Wohnraum wuchs, die-
äußeren Bedingungen der Beschäftigten
sich zusehends verschlechterten und die
Arbeiter durch zunehmende Politisierung
ein Klassenbewußtsein entwickelten. Musterbeispiel
einer solchen Fabrikarbeitersiedlung
weit von der Stadt wurden ab 1868
die von dem Knopffabrikanten Risler errichteten
„Knopfhäusle" am Freiburger
Meßplatz, angelegt in vier Doppelhaus-
Langreihen mit vorgesetzten Hausgärten:
Vorbild für ähnliche Anlagen in Karlsruhe,
Lahr und der Freiburger Freiau. Von dieser
Idee schienen auch in neuen vornehmeren
Stadtvierteln Freiburgs die Doppelvillen
mit kleinen Vorgärten zu profitieren.

Stadtteilprojektierungen nach 1871, als
Reichsgründung und Friedensschluß mit
Frankreich zu verstärkter Wirtschaftstätigkeit
und Bevölkerungsverschiebung
führten, erbrachten eine rationelle und
spekulativ betriebene Bauproduktion mit
nicht immer glücklichen Ergebnissen.
Nach Ausfall der von Fabrikanten geleisteten
Bauvorsorge suchte die Stadt Freiburg
den Bedarf an Unterschichtenwohnungen
zu decken, als die Beurbarungskommission
1886 den Grundstein für eine Reihensiedlung
legte. Der gehobene Wohnungsbau
blieb dagegen neuen Villenvierteln vorbehalten
, in denen sich das Großbürgertum
streng von den übrigen Stadtteilen abschloß
. Erst nach 1890 lockerte man die
schematisch gebildeten Quartiere nach sozialen
, kulturellen und monumentästhetischen
Gesichtspunkten wieder auf
und kam unter Aspekten günstiger Verkehrsbeziehungen
und ästhetischer Raumwirkung
wieder zur Planung neuer homogenerer
Stadtteile.

Das Zerfallen der ursprünglichen Stadteinheit
in völlig verschiedene Stadtteile machte
während des 19. Jahrhunderts die Auflösung
der vorher noch recht geschlossenen

Ständegesellschaft in auseinanderstrebende
, sich isolierende Gesellschaftsschichten
deutlich. Die von H. Kneile untersuchten
bürgerlichen Stadterweiterungen und die
Stadtplanung des 19. Jahrhunderts spiegeln
deshalb ein immer mehr spürbar werdendes,
menschlich beziehungsloses Nebeneinanderleben
der Schichten dieser Stadtbevölkerung
wider.

H. Brommer

Matthäus Merian/Martin Zeiller, Baden

Beschreibung von Städten und Orten im
Radnerland mit 40 Stichen und einer Ubersichtskarte
Nachwort von Hans-Jürgen Truöl Frei-
burg/Br. 1979

In dem angezeigten Werk hat es der Verlag
Rombach unternommen, die in verschiedenen
Bänden der ..Topographia Germaniae"
des Matthäus Merian zerstreuten Stiche
und Beschreibungen von Städten und Orten
des Badnerlandes zu sammeln und zu veröffentlichen
. Ihre Wiedergabe beginnt in
Wertheim am Main und endet, der geographischen
Lage des Landes folgend, in
Meersburg am Bodensee. Den von dem
Geographen Martin Zeiller zu den einzelnen
Orten verfaßte Text hat H.-J. Truöll
gekürzt und damit gestrafft. Von jedem Ort
gibt er an seine Lage, meist unter Angabe
seiner Entfernung von der nächst größeren
Stadt, die politischen Verhältnisse, das
religiöse Bekenntnis, schließlich geschichtliche
Ereignisse besonders aus dem 30jähri-
gen Krieg. Unter den angeführten Städten
finden sich auch mehrere aus Mittelbaden,
so Baden-Baden. Steinbach, Bühl, Oberkirch
, Offenburg, Willstätt, Lahr, Schiltach
u. a. Von der Ortenau selbst weiß Zeiller zu
berichten: „Es ist ein kleines Ländlein, das
aber an Wein, Korn und Hanf sehr fruchtbar
ist" (S. 43), aber auch „Diese Ortenau
nennt man auch Mordnau. Ihren Namen
hat sie von den Mördern, die die Diener
Gottes dort umzubringen pflegten. So ist
denn auch diese Gegend in der Lage zwischen
dem Rhein und den Bergen wegen der
Räuber verschrien" (S. 48). Zwar sind die
einzelnen Stiche sowie der angeführte Text
dem Heimatforscher bekannt. Der Wert des
in drucktechnischer Hinsicht vorzüglich
ausgestatteten Werkes liegt darin, daß es
das über mehrere Bände zerstreute Material
gesammelt und so einem größeren Kreis
zugänglich gemacht hat. Die Stiche selbst
vermitteln ein realistisches Bild der gezeigten
Städte vor dem 30jährigen Krieg.

H. Sehn.

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