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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 108
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ihrer Amtsleute. Da Wilhelm als Soldat sowohl im Dienst des Kaisers wie auch
des französischen Königs Franz I. meist außer Landes weilte, kümmerte er
sich wenig um seine Territorien. Dies änderte sich, als er 1538 aus Frankreich
heimkehrte und 1540 nach dem Tode seiner Mutter zur Regierung des Pfandschaftsanteils
auch die der Grafschaft Kinzigtal übernahm.

Dieser Graf, ein ungewöhnlicher Mensch, war eine Soldatennatur von hoher
militärischer Begabung, kein einheitlicher Charakter, sympathisch in seinem
Auftreten, aber auch zügellos, gewalttätig und geldgierig. Erfüllt von starkem
Ehrgeiz und Selbstbewußtsein, wechselte er oft seine Dienstherren, weshalb er
vielen als unzuverlässig und unbeständig galt. Andere bewunderten ihn wegen
seines imponierenden Äußeren und seines weltmännischen Auftretens. Wilhelm
war ein überzeugter Anhänger der Reformation, deren Auffassung von
der Bibel als einziger Glaubensnorm er ebenso teilte wie die Rechtfertigung allein
aus dem Glauben. Während seines wiederholten Aufenthaltes in Straßburg
war er für die neue Lehre gewonnen worden. Er kannte Bucer und Capi-
to, war befreundet mit Hedio, der ihn in religiösen und politischen Fragen beriet
, während Jakob Sturm ihm mehr reserviert gegenüberstand. In Straßburg
traf er auch mit Calvin zusammen, der ihn schätzte. Mit Zwingli nahm er am
Marburger Religionsgespräch 1529 teil.17

Wie die übrigen Landesfürsten war auch Wilhelm davon überzeugt, daß er
auch für das religiöse Bekenntnis und damit für das Seelenheil seiner Untertanen
verantwortlich sei. So begann er seit 1539, vor allem seit 1540 die Reformation
in seinen Territorien durchzuführen. Rechtlich stand ihm dies zu für
die Herrschaft Kinzigtal, aber nicht für die Landvogtei Ortenau. Ihr Herr war
König Ferdinand. Als er bei diesem wegen seiner reformatorischen Maßnahmen
angezeigt wurde, antwortete er dem König in seinem Schreiben vom
7. 8. 154018, daß hier das Evangelium schon vor 20 Jahren gepredigt wurde
und es sich in seiner Abwesenheit so eingewurzelt habe, daß er es nicht mehr
abstellen konnte. Nichts anderes werde dort in den Dörfern und Orten gepredigt
als das „klare, lautere Wort Gottes des Alten und Neuen Testamentes".
Er selbst habe in der „gemeinen Landschaft" keine Neuerung, keinen Mißglauben
, keine Sekte oder Zwietracht zugelassen, und wo sich etwas Ärgerliches
und Aufrührerisches erhob, habe er die Schuldigen bestraft. Jene „verführerischen
Prädikanten", die das Volk vom wahren christlichen Glauben
abweisen, habe er nicht geduldet.

Die Durchführung der Reformation erfolgte in der Weise, daß die katholischen
Pfarrer ihre Pfarreien verlassen mußten. Ohne Berücksichtigung der
rechtlichen Verhältnisse setzte Wilhelm an ihre Stelle aus eigener Machtvollkommenheit
evangelische Prädikanten ein. Ihre Namen sowie die Pfarreien,
die sie verwalteten, sind für die Grafschaft Kinzigtal bekannt. Der führende

17 Über die Persönlichkeit Wilhelms vgl. J. H. Wagner, a.a.O. S. 281-287.

18 Schreiben des Grafen Wilhelm an König Ferdinand vom 7. 8. 1540 GLA 202/441.

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