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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 127
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Stäudlin die politische Realität einschätzte, ergibt sich aus einem Brief vom
14. 7. 1795 an seinen Bruder, den Theologieprofessor Karl Friedrich in Göttingen
, in welchem er die Praktiken schildert, die zum Eingehen der „Klio"
führten: ,,In meinem Vaterlande sind auch derzeit keine Aussichten für mich
— noch liegt der alte Fürstenhaß auf deinem unglücklichen Bruder". In dieser
Situation trägt er sich mit dem Gedanken, die Heimat zu verlassen und nach
Kriegsende in jenes Land zu ziehen, mit dem er sich politisch so sehr verbunden
fühlt: „Die einzige Hoffnung, welche ich in meinem gegenwärtigen Unglücke
noch hege, ist die vielleicht nicht sehr entfernte Öffnung des Elsasses.
Ich will alsdann versuchen, ob ich nicht nach dem Frieden meine Chronik in
Straßburg unter diesem Titel und Format und in ebendemselben Geiste, wie in
Stuttgart, fortschreiben kann. Die Gewißheit, daß meine Chronik mir ehemals
viele Freunde im Elsaß gemacht hat, läßt mich bei diesem Plane wenigstens etwas
hoffen, wiewohl ich als ein schon zu oft getäuschter Unglücklicher auch
bei dieser Hoffnung nicht wenig zittre".15

Im gleichen Monat scheint sich ihm eine unverhoffte Chance zu bieten: seine
Mutter teilt ihm mit, daß sein Jugendfreund Reinhard, der am 24. Juni zum
Gesandten der Republik bei den Hansestädten ernannt worden war, nach Basel
komme. Am 1. August beantwortet er die freudige Mitteilung:
„Die Nachricht von Reinhardt hat mich ungemein überrascht, wie wohl es
sehr auffallend ist, daß weder in französischen Zeitungen, noch in Privatbriefen
aus Paris und Basel irgend etwas davon enthalten ist. Ich habe nun bereits
die Bestellung getroffen, daß ich sogleich davon benachrichtigt werde, wenn
Reinhardt nach Basel kommt. Geschieht das: so ergreife ich sogleich meinen
Wanderstab und gehe selbst nach Basel, um ihn zu sprechen. Seine Ankunft in
Basel muß meines Erachtens wichtige Einflüsse auf mein Schicksal haben".

Worauf konnte Stäudlin seine hochgespannten Erwartungen gründen? Er
müßte davon Kenntnis gehabt haben, daß Reinhard bereits Georg Kerner aufgefordert
hatte, ihn als Sekretär nach Hamburg zu begleiten. Hoffte er auf eine
Anstellung bei einer frz. Gesandtschaft? Zweifellos war ihm aber auch bekannt
, was die Franzosen sonst hoch anzubieten hatten, wovon auch Kerner
Gebrauch machte, als er 1794 wegen seiner Parteinahme für die Girondisten in
Paris auf die Liste der Proskribierten gesetzt wurde und mit Hilfe eines dänischen
Predigers und seines Freundes Reinhard in die Schweiz gelangen konnte
. Durch Reinhards Vermittlung wurde er Bacher und Barthelemy bei der frz.
Gesandtschaft in Basel empfohlen, bei der er Verwendung im Nachrichtendienst
fand: er besorgte einen Teil der geheimen Korrespondenz mit den Agenten
im angrenzenden Deutschland.16 Reinhard selbst war mit der Aussendung

15 A. Wohlwill, Weltbürgertum und Vaterlandsliebe der Schwaben, Hamburg 1875, S. 87,
Anm. 98. Stäudlin an seinen Bruder, 14. 7. 1795.

16 Adolf Wohlwill, Georg Kerner. Ein deutsches Lebensbild aus dem Zeitalter der französischen
Revolution. Hamburg und Leipzig 1886.

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