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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 129
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brotlos gelassen zu werden. Liebte ich dasselbe nicht so aufrichtig, und wäre
ich irgend einer unredlichen Handlung gegen dasselbe fähig, so wäre ich jetzt
ohne allen Zweifel in einer sorglosen und glücklichen Lage (im Brief doppelt
unterstrichen!): allein ich wollte mich lieber dem Mangel preisgeben als ein
Verräter an dem Vaterland werden, das mich so lange mit Füßen von sich gestoßen
hat. Ich weiß zwar wohl, daß ich mit diesem nichts als meine Schuldigkeit
getan habe: allein so viel ist doch auch gewiß, daß Tausend andere Menschen
in meiner Lage sich von dem mächtigen Triebe der Selbsterhaltung und
einer unedlen Rachgier zu einer ganz entgegengesetzten Handlungsweise würden
haben hinreißen lassen". Merkwürdigerweise fährt er fort: „Ich muß
übrigens aus triftigen Gründen, die ich diesem Papier nicht anvertrauen darf,
Sie und meine Geschwister recht dringend bitten, von diesen Winken auf eine
nicht unbedeutende Tatsache, die ich übrigens mit Dokumenten zu erweisen
im Stande bin (im Brief doppelt unterstrichen!), keiner Menschenseele außer
unserm Haus etwas zu sagen. Stillschweigen, tiefes Stillschweigen! — Ich habe
nicht einmal Mandelsloh, dem ich beiliegenden Brief unverzüglich zugehen zu
lassen bitte, etwas davon gesagt". Am Rande vermerkt er in einer Nachschrift
: „Wie wäre es, wenn Sie die Güte hätten, den Brief an Mandelsloh, in
welchem ich ihn sehr nachdrücklich um seine Verwendung wegen meiner baldmöglichsten
Versorgung bitte, ihm selbst zu überbringen? Es müßte nützen!"
War sein zweifellos ernstzunehmender und aufrichtiger Hinweis auf seine
Treue und seine Bitte um Stillschweigen möglicherweise nicht von dem stillen
Wunsch beseelt, seine Mutter, die ja stets sehnlichst eine Versorgung ihres
Sohnes gewünscht hatte, möge bei Mandelsloh etwas darüber verlauten lassen
?

In jenen Monaten schien sich die militärische Waagschale zugunsten Frankreichs
zu neigen und der ersehnte Frieden vor der baldigen Verwirklichung zu
stehen. Württemberg hatte am 17. Juli mit Frankeich einen Waffenstillstand
und am 7. August einen Separatfrieden geschlossen; Baden war am 25. Juli
ebenfalls mit einem Waffenstillstand und am 22. August mit der Unterzeichnung
eines Friedensvertrages gefolgt. Am 27. Juli hatte sich der schwäbische
Kreis angeschlossen, Bayern folgte am 7. September. Stäudlin begab sich offenbar
zur Sondierung seiner Pläne wieder nach Straßburg. Sie verlief wohl
negativ, denn für die Herausgabe eines neuen Journals nach der Art der
„Chronik" bestand angesichts der schon vorhandenen Presse kein Bedarf.
Nach einem zweitägigen Aufenthalt schrieb er seiner Tante am 11. September
1796 einen Abschiedsbrief.19 Sie solle seiner zärtlich geliebten Mutter sagen,
„daß sie ja nunmehr nicht mehr um ihren unglücklichen Sohn bekümmert
sein dürfte, der endlich seine Versorgung, welche sie ihm so sehnlich in all ihren
Briefen wünschte, im — Grab gefunden hat!" Stäudlin, der vielleicht auch
wegen der Niederlage, die Jourdan am 3. September bei Würzburg durch Erzherzog
Karl erlitten hatte, zusätzlich niedergeschlagen war, machte seinem Leben
in der Nacht vom 11./12. September in der III in Straßburg ein Ende.

19 Abgedruckt bei E. Dittler, Zum Tode von Gotthold Friedrich Stäudlin, S. 121.

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