Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 145
(PDF, 71 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0147
Es genüge hinzuzufügen, daß ich niemals einen Pfennig von dieser Summe erhalten
habe".75 Man muß daraus schließen, daß Napoleon ihn auch nicht bei
der Abfassung seines Testaments auf St. Helena mit einem persönlichen Vermächtnis
bedacht hat.

Mit der Niederlage bei Waterloo am 18. Juni 1815 war das Schicksal Napoleons
besiegelt. Nach seiner Abdankung am 22. zogen die Verbündeten am
7. Juli in Paris ein. Für die Bevölkerung begann eine Leidenszeit: „Die armen
Leute mußten für Napoleons Eroberungszüge büßen. Vor allem die Preußen
waren schlimm".76 Von ihren Ausschreitungen blieb auch Schulmeister nicht
verschont. Aus der Einleitung seiner hinterlassenen Schilderung77 wird auch
seine Haltung gegenüber den Bourbonen deutlich:

„Nach den Hundert Tagen sind die Bourbonen mit den Verbündeten zurückgekommen, und mit
ihnen die Ränke und Verhaftungen. Damals, als ich mich mit meiner Frau nach meinem Landgut
Piple bei Boissy St. Leger begab, sah ich hinter meinem abgelegenen Hause drei preußische Offiziere
mit 25 Ulanen und Husaren erscheinen. Diese lagerten in der Nähe meines Eigentums, waren
mit Lanzen bewaffnet, die sie auf die Brust meiner Frau hielten, indem sie schrien, daß sie den
Auftrag hätten, mich zu verhaften. Man führte uns nach Charonne, wo ein Oberst einquartiert
war, der vier seiner Banditen befahl, ihre Flinten zu laden und uns gut zu überwachen. Von unserem
Zimmer aus sahen wir, wie diese Banditen unsere Koffer und Kisten und alles, was in unserem
Wagen war, leerten, sich 117 000 Franken, alle goldenen Denkmünzen von den großen Ereignissen
der Kaiserzeit, die mir Seine Majestät geschenkt hatte, Fingerringe, mit Diamanten geschmückte
Bilder, welche mir die Souveräne, die der Zusammenkunft in Erfurt beigewohnt, durch
ihre Minister hatten überreichen lassen, aneigneten. Meine Frau zwangen sie, sich in eine Lohnkutsche
zu setzen und sich nach Paris zurückführen zu lassen. Bei Anbruch der Nacht ließen mich
die Räuber nach Compiegne in meinem eigenen Wagen führen. Dort behielten sie denselben mit
meinen Pferden und ließen mich in eine alte Requisitionskutsche steigen, indem sie sagten, daß
man mich nach Wesel führen werde. Vor der Abreise unterzogen sie meine Person noch einer weiteren
Plünderung; sie nahmen mir meine Geldbörse mit 500 Fr. in Gold weg."

Schulmeister wurde nach Wesel gebracht und nach 63 Tagen verhört. Leider
hat Ehrhard das Verhör nur auszugsweise zitiert. Man kam auf den Brief zurück
, den er seinem Sohn für Napoleon mitgegeben hatte und befragte ihn
nach seinem Anteil an der Übergabe von Hameln, Wismar und Rostock.
Nachdem man ihm keine Verbrechen nachweisen konnte, wurde er Anfang
November78 gegen Bezahlung von 400 000 Franken entlassen. Nach seiner
Rückkehr mußte er feststellen, daß der Generaldirektor der Armee- und Pariser
Polizei Justus Gruner gelogen hatte, da entgegen aller Versicherungen seiner
Frau nichts von dem zurückgegeben worden war, was man ihm sowohl in
Paris als auf Piple weggenommen hatte. Zudem hatte man von seiner Frau
weitere 100 000 Franken erpreßt, die sie bei einigen Freunden leihen mußte.

Ehrhard sieht in der Verhaftung und dem Prozeß den Beweis, daß Schulmeister
„an der Rückkehr des Erzfeindes der Bourbonen und der Preußen" mit-

75 Ehrhard, S. 36.

76 Orieux, S. 565.

77 Ehrhard, S. 39 f.

78 Muller, S. 171

145


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0147