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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 170
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0172
Zu den geistigen Vätern des Planes gehörte der Salemer Exkapitular und erste
Freiburger Erzbischof Bernhard Boll28, der zu Tennenbach insofern eine besondere
Beziehung hatte, als er mehrere Jahre am dortigen Gymnasium tätig
gewesen war. Man geht sicher nicht zu weit, den Wunsch Bolls, das
Zisterzienser-Münster als evangelische Stadtkirche verwendet zu wissen, als
Ausdruck eines früh-ökumenischen Geistes zu sehen, zumal er der Grundsteinlegung
der späteren Ludwigs-Kirche in der Zähringer Vorstadt im August
1829 beiwohnte. Als derjenige, der die Versetzung der Kirche beim Großherzog
Ludwig angeregt hatte, nennt sich selbst der schon erwähnte Schaaff, damals
Stadtdirektor von Freiburg.29 Daß es aber keinesfalls der Einfall und das
Werk eines einzelnen war, die Aufmerksamkeit der Obrigkeit und der Öffentlichkeit
auf das mittelalterliche Bauwerk zu lenken, beweist der Umstand, daß
der Kreisbaumeister Christoph Arnold30 schon um 1825 bei der Regierung geradezu
leidenschaftlich für die Erhaltung der bedrohten Kirche plädierte, wobei
er auf ihren seltenen, rein erhaltenen vorgotischen („bycantinischen")
Baustil und auf ihren großen künstlerischen und architektonischen Wert abhob
.31 Die Übertragung ist also auch ein frühes Beispiel für eine historischkonservierende
Maßnahme in Baden und überdies ein frühes Zeugnis für die
historisierenden Bestrebungen des 19. Jahrhunderts und zwar von jenen, „die
es besser wissen wollen als die Denkmäler selbst, und — trotz der ernsthaftesten
Absicht auf Erhaltung des historischen Bestandes — sich doch oft erhebliche
Änderungen gestatten" (Majer-Kym).

Denn wer glaubte, daß das 1829/30 abgetragene Münster in seiner vormaligen
Gestalt wieder aufgebaut würde, sah sich bald enttäuscht. Mit dem Übertragungswerk
beauftragt wurde in der Hauptsache der Regierungsbaudirektor
Heinrich Hübsch, ein Verfechter des griechischen Baustils.32 Dieser nahm gravierende
Änderungen am Schiff, Chor und Turm vor, erstens aus einem gewissen
Purismus und der Unkenntnis des spezifischen Zisterzienser-
Grundrisses und -Stils überhaupt heraus, zweitens aus Gründen der Zweckmäßigkeit
, d.h. um den praktischen und ästhetischen Anforderungen an eine
evangelische Predigtkirche zu genügen, und drittens gemäß seinen modernen
ästhetischen Anschauungen, die ein schöpferischer Architekt wie Hübsch nun
einmal hat. Auch bezüglich des Baumaterials waren die alte und die neue Kirche
nur teilweise identisch. Schaaff äußerte 1855, daß die meisten Steine der
Freiburger Kirche neu seien, wobei man aber der Pietät keinen Abbruch getan
hätte. — Schließlich dürfte sich die Hoffnung der Regierung nicht erfüllt haben,

28 So andeutungsweise H. Schreiber. Zur Stellung Bolls in Staat und Kirche, s. den betr. Art.
von F. Rössing, in: Badische Biographien, hrsg. von Fr. v. Weech, Bd. 1, Heidelberg 1875,
S. 108 ff. Auch zu anderen, in dieser Untersuchung genannten Persönlichkeiten vgl. die Badischen
Biographien.

29 GLA 106/99.

30 Zu diesem und seinem schon erwähnten Bruder vgl. das Universal-Lexikon Baden, Sp. 42.

31 GLA 391/38582.

32 Universal-Lexikon Baden, Sp. 591.

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