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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 229
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Folgende Wählerbewegungen ließen sich vermuten:

— Das Zentrum gewann absolut hinzu, es hat also keine (oder nur vereinzelt
) Stimmen an die Radikalen abgegeben.

— Die geringen Verluste der SPD kamen wahrscheinlich der KPD zugute.

— Der EVD, der 1928 noch nicht kandidierte, dürfte den Deutschnationalen
Stimmen abgezogen haben, da schon bei der Landtagswahl 1929 die Verluste
der DNVP bis auf wenige Stimmen rechnerisch identisch mit dem
Zuwachs des EVD waren.

— Woher die WP ihre Gewinne nahm, läßt sich schwerlich feststellen. Es ist
anzunehmen, daß sie die Wähler in erster Linie von der DStP abzog.39
Damit wäre auch der Einbruch der liberalen Einheitsliste zu erklären.

— Mit Gewinnen der KPD begann die Radikalisierung der Arbeiterschaft.
Die organisierten Arbeiter sind der SPD treu geblieben, während möglicherweise
den bisherigen NichtWählern aus der Industriearbeiterschaft,
den nicht gewerkschaftlich Organisierten und den Arbeitslosen die kommunistischen
Parolen einleuchtender erschienen.40

— Der Zuwachs der Nationalsozialisten kann somit — abgesehen von Wählerwanderungen
zwischen den Parteien, die sich im Nachhinein nicht
mehr verfolgen lassen — rein rechnerisch mit der höheren Wahlbeteiligung
erklärt werden. Erhärtet wird diese Vermutung bei der Betrachtung
der absoluten Zahlen. 1930 gingen rund 2700 mehr Wähler zur Urne als
1928. Zieht man davon die Gewinne der Radikalen ab — zusammen über
2500 — bleiben für die anderen Parteien nur wenige Stimmen übrig.

Die höhere Wahlbeteiligung brachte den staatstragenden Parteien keine Stärkung
, ausschließlich die Extremisten profitierten davon. Die demokratische
Front Offenburgs war angeschlagen, und Gecks bissige Bemerkung über das
Abschneiden der Liberalen traf für die Weimarer Republik allgemein zu: „In
der alten Demokratenstadt Offenburg kann die DVP ihr 50jähriges Jubiläum
feiern, in Verbindung mit der Pflicht eines ehrenvollen Begräbnisses."41

Nur wenige Wochen später sollten die Nationalsozialisten ihren zweiten großen
Erfolg verbuchen können. Im November standen die Bürgerausschußwahlen
an. Für den Wahlkampf bot die NSDAP ihr schwerstes Geschütz auf:
Adolf Hitler hatte sich am 8. November in Offenburg angesagt.42 An diesem
Tag fanden sich bei den Landwirtschaftlichen Hallen mehr als 15.000 Men-

39 Interview Moßbrugger, 8. 3. 77. Er glaubt, daß die WP zum Nachteil der DStP gewonnen
hat, da die WP als „Sammelbecken des unzufriedenen Mittelstandes" galt und nur gegründet
wurde, um den Mittelstand aus der Umklammerung der DDP zu lösen." Dies scheint zuzutreffen
, da die DDP schon 1929 entscheidend verlor, als die WP zum ersten Mal kandidierte
. Damals gewann die WP ungefähr soviel hinzu, wie die DDP verlor.

40 Interview Mobrugger, 8. 3. 77: „Die KPD-Wähler rekrutierten sich ausschließlich aus der
Schicht der Industriearbeiterschaft."

41 DAO, 18. 10. 30

42 Zur Rede Adolf Hitlers in Offenburg hat ausführlich Stellung genommen Jochen Thies,
Adolf Hitler in Offenburg — Zur Diskussion über Hitlers politische Ziele, in: Die Ortenau
1977, S. 296-312.

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