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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 238
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Die Äußerungen zeigen, daß mit den wenigen braunen Aktivisten lediglich die
Spitze des .nationalsozialistischen Eisberges' zu sehen war. Die Hitler-
Bewegung hatte eine wesentlich breitere Masse bereits erfaßt. Obwohl nach
wie vor kaum einer wagte, sich offen für die NSDAP einzusetzen,70 brachten
die Parteiaktivisten Leute in ihre Versammlungen, von denen andere Parteien
nur träumen konnten. Dabei war jeweils die Altenheimer Trachtenkapelle, die
mit Marschmusik die Stimmung anheizte; ein Rollkommando der Altenheimer
SA stellte den notwendigen Saalschutz. Größere Handgreiflichkeiten blieben
aus, weil man sich mit Parallelveranstaltungen aus dem Weg ging.

Die Wahl am 31. 7. 32 zeigte in erschreckender Weise die Fortsetzung des
Trends zur Radikalisierung, der sich vor Monaten angedeutet hatte. Erstmals
sank die bisher demokratische Mehrheit in Offenburg an diesem letzten Julisonntag
unter die 50 %-Marke. Die Parteien, die gegen das .System' Front gemacht
hatten, vereinigten mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf
sich.

Inwieweit die Offenburger zur Niederlage der demokratischen Parteien beigetragen
haben, läßt sich nicht mehr feststellen. Am Wahlsonntag gastierten anläßlich
eines Gauturnfestes ,,2366 Wähler mit Stimmscheinen"71 in der Stadt.
Sie hatten ein eigenes Wahllokal, wurden aber von der NSDAP aufgefordert,
davon keinen Gebrauch zu machen. So wurden in der Halle nur 550 Stimmen
gezählt, die restlichen Turnerstimmen verteilten sich auf die übrigen Wahllokale
.72

Aber auch ohne feine Wahlanalysen läßt sich der politische Erdrutsch nachvollziehen
:

— Die NSDAP konnte ihren Stimmanteil mehr als verdoppeln und wuchs
zur stärksten Partei (37,4 %).

— Das Zentrum gewann rund 500 Stimmen hinzu, blieb aber hinter der
NSDAP zurück. Zum ersten Mal war das Zentrum in Offenburg nicht
mehr stärkste politische Kraft (29,8 °7o)

— Die KPD überrundete die Sozialdemokratie (10,5 %)

— Mit geringen Verlusten folgte die SPD an vierter Stelle (10,1 °7o)

— Die DNVP gewann leicht hinzu.

— Alle anderen Parteien erlitten Verluste (insgesamt 13,3 %). Deren Wähler
dürften, wenn es sich auch im einzelnen nicht mehr exakt feststellen läßt,

70 vgl. Rombach, S. 69: „Man mußte mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Boykottmaßnahmen
rechnen."

71 OT, 1. 8. 32

72 DAO, 6. 8. 32. Geck folgerte: „So darf man annehmen, daß mindestens die Hälfte der über
2000 Gaststimmen der Heilsarmee zufielen." Dabei legte er als Maßstab das Ergebnis im
Turnerwahllokal zugrunde, das 55 °Io für die NSDAP brachte.

Daß die Turner sehr aktiv votiert haben, läßt die hohe Wahlbeteiligung von 97,1 % vermuten
(durch die Gastwähler verzerrt). Gecks Annahme, daß die NSDAP von den auswärtigen
Turnern über 1000 Stimmen erhielt, dürfte sehr wahrscheinlich sein.

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