Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 271
(PDF, 71 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0273
Innerhalb der jüdischen Gemeinschaft wurde „keine Tätigkeit gering geachtet
. Gesehen und anerkannt wurde immer die Leistung des einzelnen, völlig
unabhängig davon, in welchem Beruf jemand tätig war."

„Gegenüber der Kirche wohnte eine Familie Metzger, drei Brüder und eine Schwester. Der eine
Bruder wurde Oberkantor an der Synagoge Kronenstraße in Karlsruhe. Ein zweiter Bruder wurde
Buchhalter in Straßburg. Ein dritter Bruder blieb bei seiner Schwester in Nonnenweier, verkaufte
Mineralöle und Schmierfette, war außerdem ein Schochet, ein Ritualschlachter, für Ziegen. Dazu
war er an Feiertagen ein Vorbeter in der Synagoge, hauptsächlich für die Haftharah.33 Alle Geschwister
Metzger waren bei uns gleich angesehen."

Suche nach neuen Existenzmöglichkeiten

Die Existenzmöglichkeiten der Juden in Nonnenweier waren von jeher sehr
beschränkt. Der Handel war nicht beliebig ausdehnbar. Tabak- und Hopfenanbau
befanden sich ausschließlich in der Hand der Christen. Landbesitz
konnten die Juden zu Beginn des Jahrhunderts nicht mehr erwerben, da niemand
mehr Land zum Kauf anbot. Auch bestand von jüdischer Seite kein Interesse
mehr, Land zu kaufen.

Bei jeder wirtschaftlichen Krise wurden die Familien in ärmliche Verhältnisse
zurückgeworfen. Aufgrund der in Krisenzeiten chronisch aufkommenden
Hetze wurde ihre soziale Existenz ständig erneut in Frage gestellt.

Seit der völligen bürgerlichen Gleichstellung der Juden in Baden im Jahre
1862 und der damit verbundenen Gewerbefreiheit und Freizügigkeit34 waren
auch die jungen Nonnenweierer Juden sukzessive aus ihrem Heimatort in die
Städte oder ins Ausland abgewanderrt auf der Suche nach einer besseren
wirtschaftlichen und sozialen Stellung.

Zum großen Teil hatten sie bereits ihre Ausbildung auswärts genossen und
strebten nun in andere Berufe hinein: teils in akademische Berufe, teils in finanziell
einträglichere kaufmännische Berufe. Die Berufsausübung führte sie
meist endgültig fort von Nonnenweier.

Akademiker aus Nonnenweier: „Die Zahl der Akademiker, die aus der jüdischen Gemeinde Nonnenweier
hervorgegangen sind, ist bemerkenswert. Es waren Juristen: Dr. Ludwig Frank, Dr. Daniel
Meyer, Dr. Hugo Schleicher, Dr. Berthold Moch und Dr. Iwan Meyer; Ärzte: Dr. Josef
Wertheimer, Dr. Josef Meyer (Medizinalrat) und Dr. Kaufmann; Gymnasialprofessoren: Dr.
Jenny Dreyfuß, Dr. Simon Bloch und Baruch Frank. Hinzu kamen der Gutsverwalter Alexander
Moch, der Apotheker Max Metzger, die Dentistin Thea Höchster sowie die Lehrer und Kantoren

33 Thoraabschnitt

34 vgl. F. Hundsnurscher und G. Taddey, a.a.O. S. 17

271


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0273