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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 273
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doch zumindest in bescheidenem Wohlstand. Der wirtschaftliche Hintergrund
war aber nicht allein ausschlaggebend für die Wahl zum Parness. Das persönliche
Ansehen, der gute Namen, spielte eine ebenso große Rolle. Kriterien bei
der Wahl des Vorstands waren auch charakterliche Eigenschaften und persönliche
Fähigkeiten, wie Gewissenhaftigkeit, ein ausgleichendes und versöhnendes
Wesen, Interesse an der Gemeinde, Klugheit, Beschlagenheit im Schreiben
. Diese Auswahlgesichtspunkte standen mit den an den Gemeindevorsteher
gestellten Aufgaben in engem Zusammenhang.

Die Aufgaben des Parness umfaßten alles, was diese Art von Bürgermeister
der jüdischen Gemeinde innerhalb der Gemeinde selbst und in den Beziehungen
zur politischen Gemeinde und Regierung zu erledigen hatte, dazu die religiösen
Aufgaben in der Synagoge. Er stand den Gemeindesitzungen vor; er
verwahrte das im Gottesdienst gespendete Geld und sorgte für dessen Verteilung
, z.B. an die Armen; er stand den Mitgliedern der Gemeinde mit Rat und
Tat zur Verfügung, half ihnen z.B. in administrativen Angelegenheiten, bei
Schreiben von Briefen an Behörden usw.

Die Gemeindeversammlungen fanden jeden Sonntag morgen im jüdischen Gemeindehaus
statt, welches sich neben der Wirtschaft „Löwen", im Hinterhaus
, befand. Früher diente dieses Gebäude auch als israelitische Volksschule.
Während der Gemeindeversammlungen, an denen alle jüdischen Männer teilnahmen
, wurden sämtliche Belange der Gemeinde besprochen, insbesondere
das Gemeindebudget. Bei den Versammlungen ging es sehr diskret zu. Die Abstimmungen
waren geheim. Alles, was besprochen wurde, blieb unter den
Männern. Besonders unter den Wohlfahrtsfällen sollte sich niemand blamiert
fühlen.

Aus der Gemeindekasse wurden bezahlt: die Abgaben an den Staat, das Gehalt
des Kantors und Religionslehrers, Unterstützung an die Bedürftigen (Almosenkasse
), die Unterhaltung der Gebäude (Synagoge, Gemeindehaus,
Frauenbad) sowie des Friedhofs. Die Gemeinde bezog ihre Einnahmen aus
Zahlungen der Mitglieder bei bestimmten Anlässen: z.B. bei Heirat, aus Spenden
beim Gottesdienst (siehe S. 270 f, Fußnote 280).

Über die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde wurde ein Kassenbuch geführt
.

Der Gemeindediener (Schammes) war gewissermaßen das ausführende Organ
des Gemeindevorstands. Dieses Amt wurde während 55 Jahren, d.h. von
1877—1922, von Leopold Meyer, genannt ,,Leyb", versehen. Ihm folgte 1922
Herr Meyer Meyer.

Der Schammes war ein wichtiges und angesehenes Mitglied der Gemeinde. Er
sorgte für die Reinhaltung der Synagoge, für Ruhe und Ordnung während des
Gottesdienstes. Er verteilte nach Anweisung des Parness die Aufrufe-

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