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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 277
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Alltag.

Zwischen benachbarten oder durch andere Umstände miteinander näher bekannten
Familien beider Religionen herrschte teilweise ein freundschaftliches
Verhältnis, welches sich konkret darin äußerte, daß man beim anderen „ein
und aus ging", Güter auslieh oder zur Verfügung stellte, Hilfe in Anspruch
nahm, sich Rat holte. Eine komplementäre Spezialisierung der beiden Seiten
zeichnet sich bei dieser Wechselbeziehung ab: jeder gab dem anderen das, was
er aufgrund seiner wirtschaftlichen und sozialen Stellung zu geben hatte:

Jüdische Familien

halfen ihren christlichen Nachbarn bei der Tabakernte und beim Hopfenzupfen
, wenn in kurzer Zeit viele Helfer gebraucht wurden;

stellten befreundeten Bauern Lagerraum zur Verfügung: „Bauern haben unsere
Scheune zum Aufbewahren von landwirtschaftlichen Maschinen und den
Raum über der Scheune unter dem Dach zum Aufhängen von Tabak
benützt."

Gaben Rat in Dingen, in denen die Bauern weniger bewandert waren: „Wenn
der Nachbar ein Problem hatte, kam er zum Vater und holte Rat." Auch in
Herzensangelegenheiten wurde ein jüdischer Einwohner um Rat gefragt;

verliehen Geld oder verbürgten sich: „Einmal kam morgens um 1/2 6 Uhr ein
Bauer und wollte beim Vater Geld leihen. Vater hat keine Zinsen
genommen." Der Bauer zahlte den geliehenen Betrag zurück und „zeigte sich
in irgendeiner Form erkenntlich, hat einen Korb Äpfel gebracht oder eine Flasche
Most". Ein andermal „verbürgte sich der Vater" für einen Christen.

Christliche Familien

lieferten den Juden landwirtschaftliche Erzeugnisse;

gaben Landprodukte: teils als freund-nachbarschaftliche Geste, teils als Gegengabe
;

halfen bei der Weiterverarbeitung von Landprodukten, beim „Keltern von
Äpfeln, Einschneiden von Sauerkraut" usw.

Festtag.

Für gegenseitige Einladungen und Besuche hatten sowohl Juden wie Christen
wenig Zeit. Kontakte außerhalb des Berufs und Alltags waren im großen und
ganzen auf bestimmte festliche Ereignisse festgelegt:

am Jörn Kippur, dem Versöhnungstag, wurden christliche Freunde und Bekannte
in die Synagoge eingeladen;

am Heiligen Abend wurden jüdische Kinder zu ihren christlichen Freunden in
die Familie eingeladen und auch beschenkt. An Weihnachten waren sie dabei
in der Kirche;

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