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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 279
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vom „ausbeuterischen jüdischen Händler" zurückgreifen.45 Die bestehenden
engen zwischenmenschlichen Beziehungen wurden in die Isolation getrieben.

5. Antisemitismus und Zionismus

Für Zionismus46 hat sich niemand in der Gemeinde interessiert. Man hielt sich
an die Anschauungen des Centraivereins deutscher Staatsbürger jüdischen
Glaubens47.

Zwar wurde auf privater Basis für Israel gespendet, das damals als Staat noch
nicht bestand. Verschiedene Organisationen, Schulen, Waisenhäuser oder Je-
schiwah (jüdische Lehranstalten) verschickten regelmäßig kleine Geschenke
wie Kalender, Bilder usw. Diese wurden dann durch Spenden für Israel honoriert
, die in „blauen Büchsen" gesammelt wurden.

Erst aufgrund des wiederauftauchenden Antisemitismus und der daraus resultierenden
Diskrimination der Juden fanden die Ziele des Zionismus Anhänger
, vor allem unter der Jugend:

„Ich selbst kam zum Zionismus durch die Judenzählungen im deutschen Heer 191648, die mich zu
der Frage veranlaßten, warum nur die Juden und nicht auch die Protestanten und Katholiken gezählt
, wurden. Auch die Tatsache, daß die Brüder meines Vaters trotz aller militärischen Tüchtigkeit
und Auszeichnungen es nicht weiter als bis zum Unteroffizier bringen konnten, gab mir zu
denken49."

45 Dieses von uns detailliert herausgearbeitete Negativ-Stereotyp findet sich auf S. 72 ff. des
Manuskripts unserer Magisterarbeit.

46 Das 1897 auf dem ersten Baseler Zionistenkongreß verkündete programmatische Ziel des
Zionismus war die „Schaffung einer Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina". Vgl.
F. Hundsnurscher und G. Taddey, a.a.O. S. 21.

47 der Centraiverein hatte sich 1893 formiert. Vgl. F. Hundsnurscher u. G. Taddey, a.a.O. S.
19.

48 vgl. hierzu B. Rosenthal, a.a.O. S. 423 f.: Je länger der Krieg dauerte, je mehr Opfer und
Entbehrungen er dem Volk auferlegte, um so mehr suchte man nach einem Sündenbock.
„Erst leise, dann immer lauter, insgeheim und öffentlich von maßgebenden Kreisen geschürt
, beschuldigte man die Juden, sie hätten den Krieg verursacht, sie würden sich jetzt
durch ihn bereichern und nähmen an der allgemeinen Not keinen Anteil. Der Jüdische
Drückeberger', der sich dem Heeresdienste an der Front zu entziehen verstünde, wurde zum
geflügelten Worte. Namentlich in Offizierskreisen griff diese Vergiftung um sich." Ihren
Höhepunkt erreichten die Anfeindungen, als 1916 das Kriegsministerium eine Erhebung anordnete
, um die Zahl der jüdischen Frontkämpfer zu ermitteln. „Die Truppenteile vollzogen
diesen Befehl, teils unter Anwendung unlauterer Mittel, die für die jüdischen Soldaten
ein ungünstiges Ergebnis zeitigen sollten. Was nutzte es, daß der Reichstag nachträglich diesem
verfassungswidrigen Vorgehen heftig widersprach."

49 In den hektischen Gründerjahren nach dem 70er Krieg und in der anschließenden Wirtschaftskrise
gewann eine neuartige antisemitische Bewegung, die von Berlin ausging, an Boden
. Grundlage der Anfeindungen war eine wissenschaftlich unhaltbare Rassentheorie, welche
zum ersten Mal die Minderwertigkeit der jüdischen Rasse hervorhob. Auch in Baden
zeigten sich Auswirkungen dieser antisemitischen Bewegung. Juden wurden nicht mehr zu
Offizieren befördert. Antisemitische Kundgebungen fanden statt. Vgl. F. Hundsnurscher
und G. Taddey, a.a.O. S. 19

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