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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 282
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Aufgabe der Frauen war es vor allem, „das Haus rituell zu führen". Von allen
übrigen religiösen Pflichten waren sie weitgehend befreit.57 Auch zur Mitarbeit
im Geschäft des Mannes wurden sie nur gelegentlich herangezogen. Voll
berufstätig waren nur „ledige" Frauen, „Witfrauen" oder „Jungfrauen",
die sonst kein Auskommen hatten. Es gab drei oder vier jüdische Lebensmittelgeschäfte
, die alle von alleinstehenden Frauen geführt wurden.

Die jüdischen Speisegesetze wurden in allen Familien beachtet. In einer koscheren
Küche war alles Geschirr doppelt vorhanden, einmal für Milchspeisen
und einmal für Fleischspeisen. Auch gab es zwei Tische und zwei Schränke.
Zusätzlich hatte man besonderes Geschirr für Pessach, ebenfalls in doppelter
Ausführung.

Die jüdischen Frauen kauften nur beim Judenmetzger ein. Zu Beginn des
Jahrhunderts gab es noch mehrere jüdische Metzgereien: Leo Baum, David
Frank (Gastwirtschaft und Metzgerei), Jakob Meyer. Auch die Christen kauften
in diesen Metzgereien ein. Das Schächten besorgte Leo Baum. Nachdem er
zu alt war, kam einmal in der Woche ein Schächter aus Schmieheim. Der Öl-
händler Meyer war Ritualschlachter für Ziegen, Kantor Schleicher für Hühner
. Zu ihnen ging man, wenn man von den Bauern eine Ziege erworben oder
ein Huhn bekommen hatte.

In den jüdischen Lebensmittelgeschäften kauften sowohl Juden wie Christen
ein. Man bekam dort auch die besonderen, abgestempelten Lebensmittel für
Pessach (siehe unten, S. 285 f)-

Die meisten jüdischen Familien, d.h. alle, die es irgendwie ermöglichen konnten
, hatten ein christliches Dienstmädchen oder zumindest eine Stundenfrau.
Oft haben christliche Nachbarskinder in jüdischen Haushalten mitgeholfen.
Dies „war damals sehr notwendig", denn die jüdischen Frauen waren in der
Hauptsache „mit Kochen und Backen" und „mit der Reinhaltung des Hauses
" beschäftigt. „Es wurden ungeheure Mengen gegessen". Die Verwendung
von koscherem Geschirr, die Vorbereitung der Speisen für den Sabbat und die
Festtage brachten Mehrarbeit. Hinzu kam, daß die meisten jüdischen Männer
viel unterwegs waren. Mann und Kinder kamen oft zu verschiedenen Zeiten
nach Hause; die Hausfrau hatte doppelte Arbeit.

II. Der Sabbat

Wie alle jüdischen Feiertage beginnt auch der Sabbat am Vorabend und endet
am Abend des Festtages selbst. Während dieser Zeit wurden in den frommen
Familien keinerlei Arbeiten im Haus verrichtet, kein Licht angezündet, kein

57 Zu den wenigen religiösen Pflichten der Frauen gehörte die Teilnahme am Morgengottesdienst
am Purim, der Synagogenbesuch einige Wochen nach der Geburt eines Kindes an einem
Sabbat, die Beteiligung am Schiwositzen im Trauerfall.

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