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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 284
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Nach Beendigung der Kocherei wurde schließlich das ganze Haus gereinigt
und — in einer der frommen Familien — mit Sackleinen ausgelegt, um die
frischgewaschenen Steinböden gegen erneute Verschmutzung mit Straßenstaub
zu schützen.

Am Freitag abend kamen die Männer früh nach Hause, um Toilette zu machen
für den Synagogenbesuch. In einer wohlhabenden Familie erleichterte
das bereits vorhandene Badezimmer mit Waschzuber die Toilette. Solcher
Wohlstand war jedoch die Ausnahme.

Nur die Männer gingen am Freitag in die Synagoge. Sie trugen den Sabbatanzug
und Zylinder. Alle jüdischen Männer nahmen am Gottesdienst teil, auch
die „liberalsten", die im übrigen die Gebote nur „formell" beachteten. Im
Haus wurden derweil die letzten Vorbereitungen für den Sabbat getroffen.
Der Tisch wurde festlich gerichtet, die zwei Sabbatbrote — mit einer bestickten
, samtenen Berchesdecke bedeckt — und der Wein wurden bereitgestellt.
Die Hausfrau entzündete die Sabbatlichter«1 und sagte dazu einen Segensspruch
.

Wenn der Familienvater und die Söhne aus der Synagoge zurückkamen, war
das ganze Haus in festlicher Stimmung. Die Eltern benschten (segneten) nun
die Kinder, und der Vater sprach die Segenssprüche über den Wein und die
Brote. Darauf setzte man sich zum Essen nieder, welches in den meisten Familien
reichhaltiger war als an den Wochentagen. Die Freitagabendmahlzeit bestand
aus drei oder vier Gängen:61 Rindfleischsuppe, eventuell einem Fischgericht
, gekochtem Rindfleisch mit Kartoffelsalat und einem Dessert. Als
Hauptgericht gab es manchmal auch Geflügel. Als Nachtisch hat man etwas
Gebackenes gereicht, Biskuittorte mit Weinsauce, manchmal auch Obstkuchen
.

Nach dem Essen wurde das Tischgebet gesagt. Anschließend saß man gemütlich
beisammen, zum Teil kamen jüdische und — in einer frommen Familie —
auch christliche Nachbarn ins Haus, welchen man vom Nachtisch zu essen
gab.

Am Sabbat ebenso wie an den Festtagen war dreimal Gottesdienst. Am Samstag
Morgen gingen die Frauen meist mit in die Synagoge. Der Gottesdienst
wurde normalerweise vom Kantor abgehalten. Ein Synagogenchor trug zur
feierlichen Gestaltung bei. Ein- oder zweimal im Jahr kam ein Rabbiner zum
Gottesdienst, meist an einem Sabbat oder Feiertag, und hielt eine Predigt.

60 Die meisten Familien hatten für diesen Zweck einen Petroleum- oder Kerzenleuchter. Wer
modern sein wollte, ließ den Sabbatleuchter elektrifizieren.

61 „Der Tradition gemäß sollten es immer drei Gänge sein, weil das Manna, das die Israeliten
in der Wüste gegessen hatten, aus dreierlei Lagen bestanden haben soll." Bruno Stern,
a.a.O. S. 93.

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