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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 285
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Nach dem Gottesdienst war es üblich, daß man älteren und kranken Menschen
einen Besuch machte. Meistens hatte man ihnen am Freitag schon etwas
ins Haus geschickt. Anschließend wurde zu Mittag gegessen, im Winter vielleicht
eine Hülsenfrüchtesuppe, im Sommer leichtere Kost, vor allem Rheinfisch
.62 In den Gasthäusern Salmen und Wolf wurden manchmal für Samstag
mittag Fischgerichte so zubereitet, daß Juden sie essen konnten. Nach dem Essen
ruhten sich die Frauen aus, während die Männer in die Wirtschaft gingen,
um schwarzen Kaffee zu trinken63 und Karten zu spielen. Im allgemeinen hat
man am Sabbat und an den Festtagen keinen Alkohol getrunken, von den wenigen
notorischen Trunkenbolden abgesehen. Während der Woche trank man
in einer Familie „zu den Mahlzeiten etwas Apfelwein, den man stets im Keller
hatte". Die Aussage einer Gewährsperson, die „Juden haben mehr gesoffen
als die Christen", darf man sicherlich als Verallgemeinerung einer persönlichen
Neigung ansehen.

Am Nachmittag, gegen 15 Uhr, machte man den „obligaten Familienspaziergang
" an den Rhein: „Fast jede Familie machte das, alle, die nicht krank oder
gebrechlich waren." Im Sommer saß man auch im Garten der Gastwirtschaft
beisammen. Die Mitglieder der „frommen" Familien trugen kein Geld bei
sich und bezahlten am Sonntag.

Abends wurde erst in der Synagoge, dann zu Hause Sabbatausgang gefeiert:
Ein Becher Wein wurde eingeschenkt und „Havdole gemacht".64 Dabei reichte
der Havdole-Macher die „Bsome-Büchs"65 herum, damit jeder daran riechen
konnte. Dann wurde die Kerze mit dem Wein ausgelöscht. Jeder der Anwesenden
bekam anschließend von dem Wein zu nippen.

III. Die Festtage

1. Pessach (Passah)

Das bürgerlich-jüdische Jahr beginnt im Monat Tischri (September/Oktober).
Rosch Haschana heißt „Beginn des Jahres". Der jüdische Festkalender, d.h.
das religiöse Jahr, beginnt jedoch im Nissan (etwa April) mit dem
Pessachfest.66

62 „Fischgerichte spielen in der jüdischen Küche eine größere Rolle als im Speisezettel der jeweiligen
nichtjüdischen Nachbarn. Sie werden mit Vorliebe für den Freitagabend und den
Sabbat frühzeitig vorbereitet und dann sehr oft kalt gegessen." Florence Guggenheim-
Gruenberg, a.a.O. S. 124 f.

63 Von den „liberalen" Juden in Nonnenweier wurde das Gebot, „milchige" und „fleischige"
Speisen zu trennen, nicht durchgängig eingehalten, vor allem außer Hauses nicht: sie tranken
Kaffee und Milch nach einem Fleischgericht, und achteten in vieler Hinsicht nicht darauf
, ob sie die Dinge den Geboten entsprechend machten.

64 Havdala heißt Unterscheidung und ist der Segensspruch der „unterscheidet zwischen Wochentag
und Festtag. Man dankt Gott, daß er den Sabbat gemacht hat".

65 Besonim-Büchse: sie enthält wohlduftende Gewürze.

66 vgl. E. Schereschewski, Das jüdische Jahr, Alltag und Fest im Haus und in der Synagoge,
in: Monumenta Judaica, Handbuch, Köln 1963, S. 713—734.

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