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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 286
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„Man sagt, die Pessachvorbereitungen fangen an Purim67 an." Wenn eine Familie
jedoch „ein großes Haus" hatte, so wurde schon vorher damit begonnen
. Da an Pessach kein Chomez68 im Haus sein durfte, wurden zunächst die
Schränke ausgeräumt und alles, was Chomez enthielt, aussortiert und beiseite
gestellt. Dann wurde das ganze Haus von oben bis unten gereinigt.

An Pessach wurden ausschließlich ungesäuerte Brote, Mazzen, gegessen. Es
gab keinen Mazzenbäcker am Ort. Die Mazzen wurden von dem in einem
Nachbarort ansässigen Mazzenbäcker geschickt, entweder in großen Paketen,
oder ein paar Tage vor Pessach in einem Wagen, der in Nonnenweier in einem
Raum untergestellt wurde. Dort holten dann die Leute die Mazzen ab. Auch
alle anderen Lebensmittel wurden „koscher schell Pessach" eingekauft.

An Pessach durfte nicht das „alltägliche" Geschirr verwendet werden. Es gab
sowohl für „milchige" wie für „fleischige" Speisen besonderes, „feiertägliches
" Geschirr, welches „in großen Behältern auf dem Speicher aufbewahrt
wurde". Einige Tage vor Pessach wurde das Geschirr ausgetauscht: das „feiertägliche
" Geschirr wurde vom Speicher heruntergeholt, das „alltägliche"
für die Zeit der Festtage hinaufgetragen. Eine Familie besaß eine „pessachti-
ge" Kaffeemühle: „die hat die Reise durchs ganze Dorf gemacht".

Am Abend vor Erev Pessach69 war „Chomezbattel": Alles noch im Haus befindliche
Gesäuerte wurde gesammelt. „Der Hausherr, gefolgt von den Kindern
, ging mit einer Schaufel, einem Federwisch und einer brennenden Kerze
durch das ganze Haus, um nachzusehen, ob kein Chomez vergessen worden
war. Diese Handlung war mehr symbolischer Natur, denn im Prinzip sollte
das Haus bereits frei von Chomez sein. Man hatte jedoch in einer Ecke oder
einem Schrank ein paar Krümel gelassen. Diese wurden dann vom Hausherrn
mit dem Federwisch in die Tüte gefegt, und alles zusammen, also auch der Federwisch
, wurde am nächsten Morgen verbrannt."

Am Erev Pessach Morgen mußte das Frühstück um 1/2 10 Uhr beendet sein
und das „chomeztige" Geschirr weggeräumt. Alles Brot und alles „nicht Pes-
sachtige" mußte aus dem Haus sein, damit die Küche und das Haus nur noch
„jontefftig", feiertäglich, waren. Etwa noch im Haus vorhandene „chomeztige
" Vorräte wurden entweder „symbolisch an einen befreundeten Christen
verkauft" oder dem christlichen Dienstmädchen oder Knecht mitgegeben.

Bis zur Seder-Feier am Abend durften weder Brot noch Mazzen gegessen werden
. Am Abend gingen die Männer in die Synagoge. Anschließend wurde zu
Hause im Familienkreis der traditionelle Sederabend gefeiert. Normalerweise
hat jede Familie bei sich den Seder gegeben. Wenn mehrere Generationen am
Ort waren und beide Großeltern noch lebten, hat der Großvater die ganze Fa-

67 Losfest, siehe unten S. 292

68 gesäuertes Brot

69 Erev Pessach ist der Tag vor Pessach

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