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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 287
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milie zu sich eingeladen. Zum Sederabend hat man auch Gäste ins Haus geladen
: Verwandte oder Bekannte von auswärts, die im Dorf zu Besuch weilten;
Freunde auf Durchreise; alleinstehende Gemeindemitglieder, die zu Hause
keinen Seder gaben.

Der Sederabend wurde nach der Ordnung"0, die in der Haggadah steht, der Erzählung
von dem Auszuge Israels aus Ägypten, durchgeführt. Auf dem Tisch
stand die Sederschüssel mit den während der Feier benötigten rituellen Speisen
: dazu gehörten drei aufeinanderliegende Mazzen, Petersilie, ein Gefäß mit
Essig, Bitterkraut (Meerrettich), das Charoset71, ein gekochtes Ei, ein großer
Lammknochen.

;Der Seder wurde mit dem Kiddusch-Gebet, dem Segen über den Wein, eingeleitet
. Dann bekam jeder vom Wein zu trinken, was während des Abends noch
viermal wiederholt wurde. Wenn die Gläser zum zweiten Male gefüllt wurden,
stellte der Jüngste der Tischgesellschaft die in der Haggada geschriebenen Fragen
: „Was zeichnet diese Nacht besonders aus von allen anderen Nächten?"
usw. Darauf gab der Hausherr aus der Haggadah die Antworten. Dabei wurde
erklärt, welche Bewandtnis es mit Pessach"2 hat, warum man ungesäuertes
Brot und Bitterkräuter verzehrt.

Vor der Abendmahlzeit wuschen alle Anwesenden die Hände und sagten Segenssprüche
. Nach dem Essen begann ein gemütlicher Teil des Abends, „man
hat viele Psalmen gesprochen und sich unterhalten über den Inhalt der Haggadah
und über deren Auslegung". Wenn unter den Anwesenden gelehrte Leute
waren, die sich darauf verstanden, die Haggadah zu interpretieren, „hat sich
der Abend ausgedehnt". In Nonnenweier war dies aber nicht der Fall: „die
Leute haben nur gewußt, was für Aussprüche in der Haggadah stehen".

An Pessach, wie auch am Sabbat und an allen anderen Feiertagen, war dreimal
Gottesdienst am Tag. Doch war in der Gestaltung des Gottesdienstes am
Sabbat und an den Feiertagen ein großer Unterschied. Während am Sabbat
der Kantor alle Gebete selbst vorbetete, haben an den Feiertagen Laien das
Musafgebet gesungen. „Ich erinnere mich an etwa drei sogenannte Baal Tefi-
lot, Laienvorbeter; sie verwendeten die Melodien von alten deutschen Volksliedern
, z.B. .Sommers letzte Rose'. Es war natürlich eigenartig, hebräische
Lieder nach Volksliedermelodien zu hören, und ich habe das immer besonders
genossen."

70 Seder heißt Ordnung

71 Ein süßes, braunes Fruchtmus, welches den Lehm versinnbildlichen soll, aus dem die Juden
in Ägypten Ziegel machen mußten.

72 Pessach heißt Überschreitung und erinnert daran, daß der Herr, welcher die Erstgeborenen
der Ägypter erschlug, über die Häuser der Juden hinwegschritt, welche die Türpfosten mit
dem Blut des Opferlammes gekennzeichnet hatten. Vgl. hierzu: Erzählung von dem Auszuge
Israels aus Ägypten an den beiden ersten Pessachabenden, übers, von W. Heidenheim,
M. Lehrberger u. Co., Frankfurt 1914, S. 28

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