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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 295
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2. Verlobung und Hochzeit

Die jüdischen Familien waren besorgt, ihren Töchtern eine gute Aussteuer mit
in die Ehe zu geben. Schon während der Jugendzeit der Mädchen wurde damit
begonnen, die Aussteuer zu kaufen. In einer Familie lieferte „ein Onkel in
Karlsruhe, der ein Spezialwäschegeschäft hatte, nach und nach die Tisch- und
Bettwäsche". Die für die Beschaffung der Aussteuer nötigen Mittel wurden
im Familienbudget besonders berücksichtigt. In einer Familie wurde der Erlös
aus dem Verkauf der Milch einer Kuh ausschließlich dafür verwendet.

Kam es dann zur Verlobung, so wurde in der Zeit bis zur Hochzeit die Aussteuer
vervollständigt, die Tischwäsche bestickt und aus der vorher gelieferten
Meterware Bettwäsche genäht. Auch kamen schon Geschenke.

Wahl des Ehepartners — Der Ehepartner wurde einerseits durch individuell
familiäre Gründe bestimmt, andererseits durch den Einfluß der jüdischen
Dorfgemeinde als Gesamtgruppe. Die Familie suchte bei der Wahl des Ehepartners
entweder direkt Einfluß zu nehmen oder durch Schaffen geeigneter
Umstände die Geschicke zu steuern.

Der Ehepartner für einen Sohn oder eine Tochter im heiratsfähigen Alter wurde
durch die Eltern oder durch einen Elternteil bestimmt, zum Teil ungeachtet
der eventuellen eigenen Wünsche der jungen Leute:

Aus dem 19. Jahrhundert ist ein Fall bekannt, in dem die Mutter eines heiratsfähigen Mädchens
dessen Mann bestimmte, gegen den Willen der Tochter, die einen anderen heiraten wollte. Der
von der Mutter gewählte junge Mann war der Sohn des Mannes, den sie selbst geliebt hatte, aber
nicht heiraten konnte, da auch ihre Ehe von den Eltern „angezettelt" worden war.

Ausgewählt wurden die Ehepartner innerhalb der eigenen Verwandtschaft, im
Freundes- oder Bekanntenkreis der Eltern: man führte zusammen, was man
kannte.

Die Eltern einer Gewährsperson waren Cousin und Cousine. Eine weitere Gewährsperson heiratete
in zweiter Ehe ihren Cousin; auch der Iwan Meyer'sche Stammbaum93 läßt auf Eheschließungen
innerhalb der eigenen Sippe schließen.

Auch wenn die Begegnung zwischen zwei zukünftigen Ehepartnern
„spontan" zustande gekommen war — innerhalb der eigenen Verwandtschaft
, unter Nachbarskindern, im jugendlichen Freundeskreis, dürfte die Zustimmung
der Eltern für das Zustandekommen der Ehe bestimmend gewesen
sein.

Der durch die geographische Nähe und durch persönliche Beziehungen abgesteckte
Radius war jedoch zu klein, um für alle heiratsfähigen Söhne und
Töchter eine passende Möglichkeit zur Eheschließung zu finden. Es wurden
daher Schadehen, Vermittler, eingeschaltet, die zwischen zwei oder mehreren
Orten umherkamen und wußten, wo ein Sohn, wo eine Tochter zu verheiraten
war:

93 vgl. Iwan Meyer, a.a.O., S. 32

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