Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 298
(PDF, 71 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0300
Vereinzelt verheirateten sich jüdische Nonnenweierer nach ihrem Wegzug in
die Stadt mit einem christlichen Partner. Dies führte oft zum Abbruch der Beziehungen
mit der Familie.

Eine junge jüdische Frau versuchte, den Konflikt zwischen persönlicher Neigung und Rücksichtnahme
gegenüber der Gemeinschaft zu lösen, indem sie mit ihrem christlichen Freund auswärts
unverheiratet zusammenlebte. Sie kam oft allein zu Besuch nach Nonnenweier, jeder wußte um
das Verhältnis, ohne daß es zu einem Abbruch der Beziehungen gekommen wäre. Schließlich
führte der Konflikt zu einem tragichen Ende: die junge Frau, deren prekäre Lage in der Nazizeit
untragbar wurde, beging Selbstmord.

Verlobung und Hochzeit — Die Verlobungszeit dauerte in der Regel einige
Monate. Die standesamtliche Trauung fand meist in Nonnenweier statt. Dagegen
wurden die religiöse Trauung und das Hochzeitsessen gerne in eine nahegelegene
Stadt verlegt, nach Offenburg oder Baden-Baden, wo es große koschere
Gaststätten gab. In Nonnenweier selbst war eine Trauung mit großen
Umständen verbunden: Rabbiner, Utensilien, Trauhimmel mußten von auswärts
kommen. Auch gab es keine Möglichkeit, die vielen Hochzeitsgäste zu
bewirten und unterzubringen.

Nur eine Gewährsperson kann sich daran erinnern, einmal einer Trauung in
Nonnenweier beigewohnt zu haben: „Die Leute gingen zu Fuß in einem Festzug
zur Synagoge, voran die Braut, von ihrem Vater geführt, am Schluß des
Zuges der Bräutigam mit seiner Mutter."

Nach der Hochzeit zogen die Paare weg zu ihrem gemeinsamen neuen Wohnsitz
, wenn sie nicht zu den wenigen gehörten, die in Nonnenweier verblieben.

3. Krankheil, Tod und Trauer

Um die Kranken im Ort — Juden und Christen — kümmerten sich zwei
Krankenschwestern vom evangelischen Schwesternheim. Diese Schwestern
übernahmen auch die Krankenwache und Nachtwache bei schwerkranken Juden
. Sie wurden dabei unterstützt durch die Mitglieder des Krankenvereins:
war ein Mann krank, so kamen Mitglieder des Männervereins, bei einer Frau
Mitglieder des Frauenvereins.

Wenn es mit einem Kranken zu Ende ging, kamen bei einem Mann die Männer
und bei einer Frau die Frauen am Sterbebett zusammen, um zu beten.

Beim Tod eines Mannes wurde die vorgeschriebene Totenwäsche durch die
Männer durchgeführt. Danach wurde dem Verstorbenen das weiße Totenkleid
, das „sargnes", und eine Kopfbedeckung angezogen. Jeder erwachsene
Jude hatte das „sargnes" im Haus und trug es am Jörn Kippur zum Gottesdienst
in der Synagoge, über dem Anzug. Beim Tod einer Frau wurde die Leichenwäsche
durch die Frauen durchgeführt. Auch für Frauen gab es ein Sterbekleid
und eine Kopfbedeckung.

298


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0300