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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
60. Jahresband.1980
Seite: 299
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1980/0301
Vom Augenblick des Todes an bis zur Beerdigung hielt man bei dem Verstorbenen
abwechselnd Totenwache: „Man läßt eine Leiche nicht allein." Das Betreuen
der Toten ist eine Mitzwe, ein religiöses Gebot.

Tote gelten als unrein. Verließ jemand das Haus eines Toten, so wusch er sich
die Hände am Brunnen beim Haus und trocknete sie an einem dort dafür aufgehängten
Handtuch ab, welches nicht wieder verwendet wurde.

Die Toten wurden in einem einfachen Holzsarg begraben. Die Beerdigung
fand nach zwei Tagen statt. Dazu kam der Bezirksrabbiner von Offenburg.
Der Verstorbene wurde im Totenwagen der jüdischen Gemeinde, der von zwei
schwarzbekleideten Pferden gezogen wurde, zum Friedhof gefahren. Manchmal
wurde auch der Totenwagen der christlichen Gemeinde ausgeliehen.

Im Anschluß an die Beerdigung saßen die Angehörigen des Verstorbenen,
Männer und Frauen, zu Hause sieben Tage lang auf niedrigen Stühlen. Man
nannte dies Schiwositzen. Zwei Tage lang durften die Angehörigen das Haus
nicht verlassen. Auch durfte im Trauerhaus nicht gekocht werden. Die Leute
aus dem Ort besuchten die Trauernden und brachten ihnen zu essen: hartgekochte
Eier und Brötchen, alles ohne Salz.

Während der ersten sieben Trauertage machte man täglich zwei- bis dreimal
Minjan im Hause des Verstorbenen. Der Leidtragende konnte nicht in die Synagoge
gehen während dieser Zeit. Damit er ,,Schiwe sitzen" konnte und
gleichzeitig auch Kaddisch, das Totengebet, sagen, mußte ein Minjan gemacht
werden. Wenn die zehn Männer im Haus versammelt waren, hat man zuerst
die normalen Gebete gesprochen und am Ende das Kaddisch. Beim „Schiwe-
sitzen" wurde auch gelernt, wenn einer unter den Männern sich darauf verstand
: Vorschriften aus der Tora und aus dem Talmud wurden kommentiert.
Dies hatte seinen guten Grund: wenn man mit dem Lernen fertig war, konnten
die Trauernden noch einmal Kaddisch sagen.

Die erste Jahrzeit schloß das Trauerjahr ab. Bis dahin wurde im Hause ein
Licht gebrannt. Gehörten die Trauernden einer „frommen" Familie an, so
gingen sie während des ganzen ersten Trauerjahres jeden Tag zum Gottesdienst
und sagten jeden Tag Kaddisch. Auch hielten sie sich an das Gebot,
während dieser Zeit nicht zu rauchen. An jedem Jahrzeittag hat man ein Jahrzeitlicht
gebrannt.

SCHLUSSBEMERKUNGEN:

MERKMALE DER KOLLEKTIVEN IDENTITÄT
DER NONNEN WEIERER JUDEN

I. Materielle Existenz

Die kollektive Identität der Nonnenweierer Juden läßt sich aus ihrer fast ausschließlichen
Zugehörigkeit zu einem Berufszweig, dem Handel, nicht erfas-

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