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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 51
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Überlegenheit, Heiterkeit aus. Rezensenten28 wiesen auf das behagliche Verweilen
bei den minuziösen Schilderungen früher Erlebnisse, den Menschen seiner
Umgebung und dieser Umgebung selbst hin. In der Tat hat Hausenstein
seiner Geburtsstadt Hornberg eine unvergleichliche Darstellung geschenkt. Er
ließ Erinnerungen wieder aufleben wie das Schlittenfahren am Hang vor dem
großelterlichen Haus, kindliche Phantasien um den Weg des Pfarrers auf die
Kanzel, er beschrieb den Garten der Großeltern, die Liebhabereien des Onkels
aus Schottland, Handwerk und Gewerbe im Hornberg des ausgehenden letzten
Jahrhunderts. Gleich wertvoll ist aber auch, was er über die badische Landeshauptstadt
berichtete: die herbstliche Fülle des Geisteslebens im humanistischen
Gymnasium, die behagliche, geordnete Welt im deutschen Südwesten in
der Begegnung mit Großherzog Friedrich. Hausenstein schenkte so den Stätten
seiner Kindheit und Jugend wieder, was sie ihm einst gegeben hatten.

Eine vielfältige Symbolik29, reich abgewandelt und in der Sekundärliteratur
noch kaum vollständig erkannt, ist in den Roman eingearbeitet: Das ewige
Licht erscheint in den verschiedensten Schattierungen immer wieder: als Sonne
in den Rheinwäldern, als Glanz, der auf das Haar eines noch während der
Schulzeit sterbenden Klassenkameraden fällt, als „Halblicht"30 in der Stube
der Großmutter. Erschreckt nimmt der Leser wie ein Vorbeben wahr, daß die
Menge in Karlsruhe das Lied „Freut euch des Lebens, weil noch das Lämp-
chen glüht" in „Solange das Lämpchen noch glüht. . ."31 verfremdet. Die
stete Wiederkehr von Lichtphänomenen und das häufige Vorkommen religiöser
Motive mögen bei aufmerksamer Lektüre noch an vielen Stellen auffallen.

In den Gehalt dieses unvollendeten Werkes wird man tiefer eindringen, wenn
man ahnt, was Hausenstein von seinem mit einer „exzentrisch geschwungenen
Kurve"32 verglichenen Lebenslauf schreiben wollte. Immer wieder findet man
vorwegnehmende Hinweise auf sein Wesen als Erwachsenen, über zukünftige
Entscheidungen und Ereignisse: Der gealterte Christian Hercynius schiebt
verschmitzt das Paket auszuwertender Skripten durch die Türe; die Verschmitztheit
lobten seine Freunde als eine der liebenswürdigsten Seiten an
Hausenstein33. (Der Nachtrag zu Lux Perpetua ist ein herrliches Beispiel dafür
.) Der kaum 10jährige Wilhelm betritt das „Hotel de Ville de Paris" in
Baden-Baden. Die Begegnung mit Kunstwerken wie dem Freiburger Münster
oder dem Tiefenbronner Altar kündigen den Kunstkenner an. Seine einsamen
Spaziergänge in den Auwäldern in der Nähe von Karlsruhe deuten auf seine in
späteren Jahren auftretende Melancholie34 hin. Mit der Schilderung der Nym-

28 Zum Beispiel: Hans-Geert Falkenberg, a.a.O., S. 613; Peter Härtling: Vergessene Bücher. Stuttgart 1966,
S. 153.

29 Falkenberg, a.a.O., S. 614.

30 Lux Perpetua, S. 62.

31 Ebda., S. 202f.

32 Ebda., S. 31.

33 Vgl. Max von Brück, in: Hochland 1./1967/68, S. 76.

34 Kannitverstan. Herbstliche Reise eines Melancholikers. Briefe aus Holland. Stuttgart 1924.

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