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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 76
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sprach von „Pilgermördern und Pilgerräubern" und traf manchen Galgen am
Weg) entschied sich der Führer für den einen oder andern Pfad. Aber immer
gehörte das Überqueren des Gebirges zum schwierigsten und gefährlichsten
Teil der Gesamtstrecke. Wenn wir heute als Urenkel der Kinzigtäler Pilger ihre
Wallfahrt nachvollziehen, können wir, von uns aus geschaut, aber anfügen:
Sicherlich gehört dieser Abschnitt des Santiago-Weges auch zu den schönsten
und interessantesten!

Ich habe mit meiner Frau in den letzten Jahren mehrere dieser Pyrenäen-
Übergänge erkundet und zu Fuß erwandert. Bezüglich Wetter, Höhenunterschiede
, Unterkunft, technischen Schwierigkeiten und Strapazen erlebten wir
sicherlich die gleichen Verhältnisse wie unsere Vorgänger, die Kinzigtäler Jakobspilger
, so daß es gerechtfertigt ist, von der Gegenwart aus ihr Wallfahren
zu schildern.

Eine dieser Strecken führt von Lourdes — damals und bis 1858 noch ein unbedeutender
Ort — ins Gebirge. In Gavarnie — heute durch seinen „Cirque" ein
französisches Touristenzentrum — steht ein Kirchlein mit einer alten Madonna
. Ein erklärender Text an der Kirchentür sagt, an dieser Stätte hätten die
Pilger nochmals zur Gottesmutter um eine glückliche Pyrenäenreise gebetet.

Wir zogen früh morgens los und trafen in dieser einmaligen Landschaft einen
Hirten, der uns erzählte, wie hier nicht nur „Leute unserer und seiner Sorte"
gingen, sondern auch Schmuggler und Wegelagerer. Doch an diesem sonnigen
Bergmorgen war für uns der Pfad trotz schwerer Rucksäcke voll Schönheit;
wir tauften ihn den „Blumenweg": Alpenrosen, Pyrenäen-Margareten, Enzian
, lila Schwertlilien und die Golddistel blühten in fast unwirklicher Farbtiefe
. Dabei fragten wir uns auf dieser besinnlichen Wanderung immer wieder,
ob wohl die Pilger einst auch diese Herrlichkeit der Natur erlebten . . . Als die
Strecke weiter oben immer wilder, z.T. über Fels und Eis, fast unbegehbar
wurde, ist uns zum ersten Mal aber auch so recht die gewaltige körperliche
und willensmäßige Leistung unserer Santiago-Pilger bewußt geworden. Nach
Überschreitung des in 2 250 Meter Höhe gelegenen Passes, der französischspanischen
Grenze, geht es steil abwärts. Im Talgrund inmitten eines Buchsbaumwaldes
ermöglicht eine Steinbrücke — wunderbar in ihrer Harmonie mit
der Umwelt — den Pilgern, trockenen Fußes über den reißenden Fluß zu gelangen
. Auf der andern Seite lädt — heute noch! — eine Herberge neben der
Ruine einer Sankt Nikolauskapelle zur Rast ein. Einmal kamen wir vollkommen
durchnäßt dort an. Am offenen Feuer im Gastraum, beim kräftigen
Mahl im Kreise der Hirten bekamen wir eine Ahnung vom Wert solcher Bleiben
.

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