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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 77
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Ein anderer Pilgerweg führt von Luchon (Dep. Haute-Garonne) — heute das
französische Baden-Baden — hinein in die Pyrenäen. Vor dem eigentlichen
Steilanstieg liegt ein Hospiz, wo wir wieder Geborgenheit und Gastfreundschaft
erleben konnten, aber auch ein ausgestopfter Bär im Speiseraum an die
Gefahren von einst erinnerte . . . Nach einem schweren Aufstieg von 1 700
auf 2 400 Meter bietet sich am Paß bei schönem Wetter ein überwältigender,
in der ungeheuren Einsamkeit manchem aber auch Angst einflößender Ausblick
: gegenüber liegt die Maladeta mit dem Aneto (3 404 Meter), der höchsten
Pyrenäen-Erhebung.23 Aus den Bezeichnungen ,,Maladeta", „Montes
Malditos" = „Verdammte Berge" spricht das Gewaltige und Dämonische
dieser Berglandschaft. Einmal erlebten wir sie bei schlechtem Wetter und
konnten deshalb besonders gut die seelische und körperliche Belastung der
früheren Wallfahrer ahnen. Der alte Pilgerpfad hinab ins Tal führt über blankes
Gestein und wurde in vieltausend Schritten in den Fels hineingetreten. Unten
steht das spanische Hospiz, heute eine rauchgeschwärzte Ruine. Wir saßen
mit den Hirten am Feuer und ließen uns vom Einst berichten . . . Die erste
Siedlung auf spanischer Seite ist Benasque, ein Ort, in dem wir als Erbe aus
der Wallfahrerzeit so recht das „Gebot der Gastfreundschaft" kennenlernten:
„Der Pilger hat unterwegs Recht auf Wasser, Salz, Essig und einen Platz am
Feuer."

*

Ein weiterer Pyrenäen-Übergang wurde in unserer Zeit als Autostraße ausgebaut
. Einmal überholte uns ein Fahrzeug mit dem Kennzeichen OG: Ortenau-
er wollen die Pilgerreise ihrer Ahnen zeigemäß nacherleben . . .

Die Wegtafel unterhalb des Passes kündet: Santiagoweg — Santiago 857 km.

Wir überlegen: Vom Schwarzwald bis hierher über 1 000 km — und nun dazu
die vor uns liegende Strecke, das ergibt im Gesamten rund 2 000 km, hin und
zurück etwa 4 000 km. (Ein Pilger unserer Tage legte von Köln bis Santiago
2 400 km zurück.) Jetzt glauben wir den Berechnungen, nach denen die
Santiago-Wallfahrer bis zu einem Jahr unterwegs gewesen seien.

Ganz besonders wurde der „Nestier-Weg" für uns zum Erlebnis. Wir wanderten
in der heißen Mittagssonne müde dahin. Ein Auto hielt an; der Monsieur
lud zur Mitfahrt und dann sogar zum Mittagessen ein. Am Eingang seines
Hauses wies er auf den Türklopfer, eine Jakobsmuschel, hin; der sei einstens
an einer Santiago-Herberge angebracht gewesen. In diesem Sinne — so der
Gastgeber — hätte er uns auf der Straße „aufgelesen" und eingeladen. Als der

23 Der Aneto ist wohl die höchste Pyrenäen-Erhebung, nicht aber der höchste Berg Spaniens (wie oft geglaubt
wird); auf dem spanischen Festland ist es der Mulhacen in der Sierra Nevada (3 481 m), in gesamtspanischen
Gebiet aber der Teide auf Teneriffa (3 710 m).

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