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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 223
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0225
„Das hinderte nicht, daß Versammlungen überall einberufen wurden, für welche
sein politischer Vortrag auf der Tagesordnung stund. Erteilte der Versammlungsleiter
dem Referenten das Wort und sprach dieser Sozialdemokrat
die Worte: .Meine Herren!', da erhob sich der überwachende Polizeikommissar
und rief: ,Die Versammlung ist aufgelöst!'. Das war agitatorisch sehr günstig
und gab Veranlassung zu manchem Scherz. Einmal erschien im überfüllten
Baldreit-Saale zu Baden-Baden der Karlsruher Kommissär Argast als
überwachender Beamter. Der Versammlungsleiter, Apotheker Th. Lutz erteilte
mir das Wort. Der Polizeibeamte erhob sich, bedeckte sein Haupt mit der
Pickelhaube, um beim ersten Wort des Redners die Tagung beenden zu können
. Der Blättleschreiber spitzte den Mund, redete gar kein Wort, trug aber
als .Pfiffikus' die Marseillaise vor. Alles lauschte aufmerksam diesem Solovortrag
und sang nachher den Text des sozialdemokratischen Freiheitsliedes.
Pfeifen und Singen war dem Offenburger Wanderprediger nicht verboten."
Aber Geck weiß ein Lied davon zu singen, daß dem nicht überall so war.18
Sein Sohn Teil, ein hervorragender Künstler, dem Wolfgang Wipprecht im
„Ekkhart" 1970 eine so treffende Laudatio zum 75. Geburtstag widmete,
nannte seinen Vater einmal „einen in die Politik verirrten Künstler". Haselier
nennt dieses Urteil überspitzt, aber nicht falsch19, und auch Ernst Engelberg
sieht in Adolf Geck mehr den Künstler als den Politiker: „Es liegt eine Tragik
darin, daß er dieses Künstlertum in der Offenburger Enge nicht entwickeln
konnte. Seine Wochenzeitschrift ,D'r alt Offeburger' war dafür kein geeignetes
Organ. Ich bin überzeugt, daß Else Eisner die Meinung ihres Mannes (der
wahrhaft etwas von Literatur verstand) wiedergab, als sie mir mit großer Begeisterung
über die ersten Gedichte Adolf Gecks sprach, die er als junger
Mann veröffentlichte. Sie erwähnte mit Recht das Gedicht „Des Staren Rache
".20

Des Staren Rache

Zu Straßburg am Rheine der Schuster Kneip

erzog einen Staren zum Zeitvertreib.

Der Star speiste Würmer und Münsterkäse

und pfiff nur die blutige Marseillaise,

er pfiff noch des Abends, in dämmernder Früh:

„Allons enfants de la patrie."

Zu Straßburg am Rheine die Polizei
erlaubt keine Weisen der Protesterei,
in welchem Gesetze stehet bedungen,
daß nur mit Erlaubnis werde gesungen;
besonders verpönt sei die Melodie:
„Allons enfants de la patrie."

Wer dennoch sie singt, nach Gesetzes Kraft

kriegt vierzehntägige Einzelhaft. —

Den Staren am Fenster der Schusterbudik

ereilte das strafende Mißgeschick.

O hätt er gefolgt und gepfiffen nie:

„Allons enfants de la patrie."

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