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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 282
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rechtigung kein politisches Lebensrecht mehr habe, mache im Aussterben
noch komische Verrenkungen.

Nach einem Vorschlag des Stadtrates vom 16. 11. einigte man sich aber nach dem Muster einer
Vereinbarung, wie sie in Karlsruhe zwischen Stadtrat und dem AuSR getroffen wurde, darauf
daß die Verwaltung der Stadt durch den Stadtrat im Einklang mit dem AuSR geführt werden solle
. Der AR beschloß dazu in seiner Sitzung vom 30. 11.: „Der Stadtrat wird sich den Maßnahmen
fügen, welche der Arbeiterrat im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung trifft. Zur
Mitwirkung bei der Ordnung städtischer Angelegenheiten setzt sich der Arbeiterrat mit der Stadtbehörde
in Verbindung und verzichtet auf das unmittelbare Eingreifen in die Tätigkeit städtischer
Stellen und Betriebe", allerdings mit der Einschränkung: „unter der Voraussetzung, daß in bezug
auf die nachgewiesenen Mißstände die dringend nötige Abhilfe alsbald erfolgt." Außerdem ließ
sich der AuSR sein Kontrollrecht noch vom Ministerium für militärische Angelegenheiten unter
Gegenzeichnung der Vertreter sämtlicher Soldatenräte Badens am 7. 12. ausdrücklich bestätigen:
„Der Soldaten- und Arbeiterrat Offenburg hat, wie dies bereits auch in den Richtlinien festgelegt
ist, das Kontrollrecht über Bezirksamt, Bezirksräte, Gemeinde- und Stadträte sowie Kommunalverbände
. Das Kontrollrecht berechtigt aber nicht für Eingriffe. In diesem Falle ist vorher der
Landesausschuß zu verständigen." Doch über Art und Umfang des Kontrollrechtes herrschte
auch innerhalb der Regierung offenbar Unklarheit, denn der Ernährungsminister Trunk (Zentrum
) hatte noch in der Sitzung vom 26. 11. 18 erklärt: „Der A.S.R. ist zur Sicherung der von der
Gemeinde getroffenen Maßnahmen, aber nicht dazu da, ein Kontrollorgan zu sein mit Bezug auf
die Selbstverwaltungsfragen und die Tätigkeit der Gemeinden, auch nicht ohne weiteres ein Kontrollorgan
über die Verpflegungsverhältnisse usw." Daß es sich im Grunde um ein Auskunftsrecht
handeln sollte, machte das Bezirksamt am 21. 12. dem AR Offenburg klar: „Dem Arbeiterrat
steht zwar ein Recht der Kontrolle zu, aber keineswegs in der Form, daß er die Beamten einer
Stadt- oder Gemeindeverwaltung zu beliebiger Zeit und beliebigen Zwecken zu Auskunftserteilungen
an einen vom Arbeiterrat bezeichneten Ort laden kann. Die Auskunftserteilung wird unsererseits
grundsätzlich in unseren Diensträumen erteilt." Und was die Kontrolle über den Stadtrat
betraf, so hatte das Innenministerium am 9. 12. 18 in einem Schreiben an den Stadtrat Lahr entschieden
: „Das Verlangen des Arbeiter- und Soldatenrates, bei den Sitzungen des Stadtrates und
städtischen Kommissionen zugezogen zu werden, ist nicht berechtigt.

Die Arbeiter- und Soldatenräte können ihre Wünsche durch ihren Vertreter dem Stadtrat zur
Kenntnis bringen und sich unter Umständen an die Landeszentrale wenden." Das von dem Mitglied
der Fortschrittlichen Volkspartei Dr. Ludwig Haas verwaltete Innenministerium gewährte
am 16. 12. gnädigst: „Gegen die Anwesenheit in den öffentlichen Bezirksratsitzungen ohne Teilnahme
an der Verhandlung ist selbstverständlich nichts einzuwenden", ließ aber eine Teilnahme
an den nichtöffentlichen Bezirksrats- und Gemeinderatssitzungen nicht zu. Diese provozierende
Entscheidung einer Regierung, die sich selbst juristisch auf die Legitimation ihrer Anerkennung
durch die AuSR stützte, wurde zwei Tage später durch eine Verordnung korrigiert, nach der in
Gemeinden mit mehr als 1 000 Einwohnern, in welchen die Arbeiterschaft im Gemeinde- bzw.
Stadtrat keine Vertretung habe, dieser auf Antrag des örtlichen Volksrates durch Zuwahl von bis
zu zwei Mitgliedern ergänzt werden könne. Aber auch in Offenburg verstrich darüber noch sehr
viel Zeit, bis nach der Präzisierung dieser Verordnung, wonach es sich bei der Vertretung der Arbeiterschaft
nur um „Arbeiter" (Lohnarbeiter) handeln könne, die zwei vom AR unter seinem
neuen Vorsitzenden Peter Haberer vorgeschlagenen Vertreter am 26. 2. 19 in den Stadtrat berufen
wurden. Erst am 11. 3. 1919 wurden der Dreher Albert Steiner (USP) und der Maschinist
Friedrich Schweickert (Zentrum) vorschriftsmäßig als Mitglieder verpflichtet.143

Die Erweiterung des Arbeiter- und Soldatenrates zum Volksrat

Zwar konnte der reaktionäre Spuk in Offenburg schnell verscheucht werden,
aber der AuSR, der sich eine ungeheuere Arbeit aufgebürdet hatte, war gegen-

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