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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1984/0023
derts, der „Investiturstreit", der alle Kräfte des Königs aufzehrte und dem
Adel den lange erwünschten Freiheitsraum verschaffte. Möglicherweise erlaubte
der König selbst seinen Anhängern im Kampf gegen Fürsten und Kirche
, sich Burgen zu erbauen, und seine Feinde taten dasselbe ohne Erlaubnis
oder mit der des Gegenkönigs. Als die Nachfolger die Reichsgewalt wieder zu
festigen suchten, war der Burgenbesitz des hohen Adels schon jahrzehntelang
ein Faktum, fast schon Gewohnheitsrecht. Kein späterer König konnte mehr
ernsthaft versuchen, die Aristokratie insgesamt von ihren Burgen wieder zu
vertreiben. Bestenfalls konnte es gelingen, den Kreis der zum Burgenbau Berechtigten
einzuschränken.

Die mittelalterliche Gesellschaft stellt sich seit dieser Zeit als Feudalstaat dar,
als eine politisch-soziale Ordnung, die vorwiegend aristokratisch bestimmt
war. Zwischen dem König und der Bevölkerung war eine Schicht, die an der
Herrschaftsausübung beteiligt war und maßgebend das öffentliche Leben bestimmte
. Die Burg als befestigte Residenz der Hocharistokratie ist bezeichnend
für den soziologischen Aufbau des Reiches und versinnbildlicht den selbständigen
Anteil der führenden Adelsfamilien an militärischer und politischer
Macht. Vielleicht aber ist sie nicht nur ein Zeichen, eine Folge dieses Systems,
sondern mehr: eine der Ursachen dafür. Denn gerade der Burgenbesitz war geeignet
, die in der Mitte des 11. Jahrhunderts gewonnene Stellung zu festigen
und für die Zukunft zu sichern.

Die im 11. Jahrhundert einsetzende Entwicklung ist oft als partikularistisch,
dezentralistisch und schädlich für die Macht des Reiches negativ beurteilt worden
. Das mag vom imperialen Standpunkt aus richtig sein, aber sie bedeutete
auch eine Beschränkung der Macht in einer Hand, die Verhinderung eines dynastischen
Despotentums, sie bedeutete Verteilung der Macht, politische Vielfalt
, bis zu einem gewissen Grad: Pluralismus.

Die Grafen und Edelherren (nobiles) scheinen sich zunächst im allgemeinen
mit jeweils einer ausgebauten Burg, auf der sie ihren Wohnsitz einrichteten,
begnügt zu haben. Die Burgen waren Festungen und Residenzen zugleich und
wurden zu festen Mittelpunkten der Adelsherrschaften, um die herum die Besitzungen
sich gruppierten. Das Verhältnis von Adligen und ihren Burgen
wurde in der Folge so eng, daß sie sich gegenseitig die Namen gaben. Nicht
nur die Herren benannten ihre Burgen, sie selbst empfingen von ihren Burgen
ihre Namen, und allmählich entstanden daraus Familiennamen.

Konnte das Königtum und die Herzogsgewalt den Burgenbau des Hochadels
schon nicht hindern, so gab es nur noch eine wirksame Gegenmaßnahme: sich
selbst am Burgenbau zu beteiligen und die Gegner damit möglichst zu überflügeln
. Dieser Burgenbau aber hatte einen etwas anderen Charakter: Es ging
nicht darum, sich Wohnsitze zu schaffen, sondern Stützpunkte zu erhalten.
Die Burgen wurden ein Instrument der Raumbeherrschung und strategischer

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