Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0145
und Bedeutungsassoziationen zu beeindrucken. Es ist abgezirkelte Humanistenpoesie
für Kenner der neulateinischen Literatur14.

Das Figurengedicht als drittes schließlich ist in den Umriß einer Grabplatte
eingefügt. Es geht von der Idee aus, die körperliche Gestalt der Verstorbenen
— sie zeichnet sich in der Dreiheit der genannten Körperteile und in der durch
die Schrift geschaffenen Form ab — verklärt in die jenseitige Welt zu projizieren
.

Quirin Moscherosch verstand sich auf solche mehrdimensionale Arrangements
von Wort und Sinn, Klang und Reim, Schriftform und Gestalt. Figurengedichte
gehörten zu seinem Repertoire, im Gegensatz zu seinem Bruder
Johann Michael, der solche nur ein, zwei Mal hervorgebracht hat. Im Einfallsreichtum
solcher Gedichte, in der Virtuosität ihres Formenspiels sah Quirin
Moscherosch seine Fähigkeiten, die ihn berechtigten, am Hof von Rheinbischofsheim
den anderen dichtenden Pfarrern vorzugehen.

Freilich waren es seltene Gelegenheiten der Festfreude, der Erhebung der Herzen
am Hof zu Rheinbischofsheim, die Quirin Moscheroschs Wortkunstwerke
hervorbrachten, und nicht mehr lange hatte er diese Funktion. Er stellte zwar
noch, ganz offenbar im Auftrag des Hofes und jetzt allein, fünf Gedichte zum
Begräbnis Herrn Philipp Jacob Hüffels zusammen, der seine Gattin nur kurze
Zeit überlebte und 1672 zu Grabe getragen wurde.15 Aber die Wortkunst zur
Repräsentation höfischer Würde konnte auf die Länge nur dort gedeihen, wo
absolutistische Machtkonzentration einer Dynastie Dauer verhieß. Das war
am Oberrhein, im Vorfeld des expandierenden französischen Absolutismus,
nicht zu hoffen. Der kleine Hof in Rheinbischofsheim ging im Sturm des zweiten
holländischen Eroberungskrieges und des Vormarsches von Marschall
Turenne unter. Das gleiche Unglück traf Grimmelshausen wie Quirin Moscherosch
und wie die meisten seiner Pfarrkollegen (man vergleiche die Sterbedaten
), sie starben in den Kriegswirren, die meisten im Exil. Quirin Moscherosch
starb am 22. April 1675 in Straßburg, wohin auch die gräfliche Familie geflüchtet
war.

Anmerkungen und Literatur:

1 Eine zuverlässige Bibliographie der Schriften und Gelegenheitsgedichte von Quirin Moscherosch
fehlt bisher. Die vollständigste Übersicht gibt Hans-Rüdiger Fluck, .Ergezligkeit in der
Kunst'. Zum literarischen Werk Quirin Moscheroschs. In: Daphnis 4 (1975), S. 13—42. Eine
Reihe von mir aufgefundener Gedichte gedenke ich in einer umfassenden Bibliographie vorzustellen
. Zur Biographie Quirin Moscheroschs tragen folgende Abhandlungen bei: Ernst Bat-
zer, Zur Lebensgeschichte Quirin Moscheroschs. In: Die Ortenau 4/1913, S. 145—149; Otto
Moscherosch, Zur Genealogie der Moscherosch. In: Hessische Familienkunde 1;
Frankfurt/Main 1971, S. 202 ff.; Hans-Rüdiger Fluck, Ein Hochzeitsgedicht Quirin Moscheroschs
an Sigmund von Birken. In: Die Ortenau 53/1973, S. 170— 175; ders.: Quirin
Moscherosch- ein .Nachbar' Grimmelshausens. In: Daphnis 5/1976, S. 549—566.

145


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0145