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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0208
Unter den schattigen Bäumen der Lichtentaler Allee entdeckt Gerard all die
Bewegung, den Aufwand und den Glanz einer Pariser Promenade. Er lenkt
seine Schritte zum Kloster Lichtental, nennt es eine romantische Zuflucht, eine
lachende Kartause, die Herberge leidender Herzen. Nach der Fürstenkapelle
betritt er die Klosterkirche, wo ihn die barocke Eleganz der Altäre besticht8.
„Selbst der Tod gewinnt ein vorzeigbares, beinahe kokettes Aussehen." Im
Vorbeigehen wirft der Besucher einen neugierigen Blick ins Schwesternsprechzimmer
, dessen kunstvolle Ausstattung — die Wandgemälde und das schmiedeeiserne
Trenngitter — ihn überrascht. Ein wenig bedauert er, daß er hier keiner
Nonne einen Besuch abzustatten hat, begnügt sich zum Abschied mit dem
Anblick zweier blaugeschürzter Novizinnen, die der Äbtissin eine Kanne voll
Kaffee überbringen9.

Von Baden-Baden aus unternimmt Nerval einen Abstecher nach Karlsruhe,
um sich in der Residenz umzusehen. Zu seinem Leidwesen führt das Theater
an diesem Tage kein deutsches Stück auf. Nerval hat es nicht verübelt — später
einmal bezeichnete er die badische Hauptstadt als ein beachtliches Zentrum
von Kunst und Literatur10. Nun verläßt er Baden-Baden, um mit dem
Dampfschiff rheinabwärts zu fahren. Über Mainz erreicht er Frankfurt zum
vereinbarten Treff mit seinem Freunde, dem berühmten Erzähler Alexandre
Dumas.

Seinen französischen Mitbürgern hat Gerard de Nerval durch einfühlsame
Übersetzungen deutsches Geistesleben erschlossen, durch anschauliche Reiseschilderungen
deutsche Landschaft nähergebracht. Die französische Literaturgeschichte
räumte ihm einen Ehrenplatz ein. Bei uns hingegen ist der Mittler
unverdient in Vergessenheit geraten.

Anmerkungen:

1 Eckermann, Gespräche mit Goethe, Verlag Hesse, Leipzig o. J., S. 308.

2 Dedeyan, Gerard de Nerval et l'Allemagne. Paris 1957, S. 86.

3 J. Loeser, Geschichte der Stadt Baden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Baden-
Baden 1891, S. 177, 555.

4 Gerard de Nerval, Lorely. Paris 1958, S. 42ff.

5 Ebd. Anm. 4, S. 51; H. Berl, Baden-Baden im Zeitalter der Romantik. 1936, S. 87.

6 Fischer, Faites votre jeu, Die Geschichte der Spielbank Baden-Baden. 1975, S. 39ff.

7 Lorely, a.a.O. Anm. 4, S. 50.

8 1869-74 durch neugotische Altäre ersetzt; vgl. M. Deodata, Frauenkloster Lichtental. Lichtental
1915 (mit Nachtrag bis 1939), S. 157-159; E. Lacroix u.a., Die Kunstdenkmäler der
Stadt Baden-Baden. Karlsruhe 1942, S. 425.

9 Lorely, a.a.O. Anm. 4, S. 56.

10 Dedeyan, a.a.O. Anm. 2, S. 95, 247.

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