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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0230
Noch sind die Gräber ohne Schmuck und Glanz
Und stille ward's um sie auf allen Wegen,
Denn noch nicht war es Zeit, den schönsten Kranz,
Den Siegeskranz der Freiheit drauf zu legen.

Wohl steht die Form, doch kein lebend'ger Hauch
Hat Geist und Seele mit hineingegossen;
Wohl ragt das Haus, doch nur im Schlachtenrauch
Hat blut'ger Kitt der Wände Ring geschlossen;
Wohl prangt das deutsche Banner schwarz und rot,
Doch ist das Gold zerrissen und begraben;-
Was soll das Weiß? Was soll der bleiche Tod?
Wir wollen Gold, das Gold der Freiheit haben!

Wenn heut wir drum, zur Feier rings gereiht,

Der großen Zeit Gedächtnis festlich ehren,

So sei's den Besten unsres Volks geweiht

Und soll uns Kampf für Recht und Freiheit lehren;

Dann wird man einst mit echtem Siegesklang

Im großen Buche der Geschichte lesen:

„Die Einheit schuf den Deutschen einst der Zwang,-

Der Freiheit Schöpfer sind sie selbst gewesen!

Als überzeugter Demokrat hielt Hörth beharrlich an der Forderung nach bürgerlicher
Freiheit fest, wovon seine Gedichte immer wieder ein beredtes Zeugnis
ablegen. So mahnte er 1875 nach dem Ableben des Schriftstellers Georg
Herwegh in einem Trauergedicht11:

Das Volk in seines Denkens Kleinheit
Weiß nimmer, was es einst geliebt;
Vergessen ist, daß nach der Einheit
Es auch noch eine Freiheit gibt.

Hörths Bedürfnis nach mehr bürgerlicher Freiheit war keinesfalls abstrakter
Natur; aus persönlicher Erfahrung wußte er, wovon er sprach:

Während des Kulturkampfs griff Hörth die Regierungspolitik scharf an und wurde im Oktober
1884 wegen Verletzung presserechtlicher Bestimmungen, Majestätsbeleidigung und Verleumdung
des Reichskanzlers angeklagt. In der ersten Instanz zu einer Geldstrafe, wurde er vom Berufungsgericht
zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt. Wegen angeblichen Fluchtsverdachts holte
man ihn an einem Sonntagmorgen, dem 9. Mai 1875, aus dem Bett und sperrte ihn ein, obwohl
das Urteil noch nicht rechtskräftig war. Den Prozeß und die Kerkerhaft (die er teilweise in einer
Zelle mit Gewaltverbrechern zubrachte) schilderte Hörth in einer Satire, als deren Verfasser er
,Heine II.' angab: ,Daniel in der Löwengrube.' Die biblische Verfremdung ermöglichte ihm die
Kritik an Bismarcks Sondergesetzgebung, die die konstitutionell verankerte Pressefreiheit faktisch
außer Kraft setzte12

Als der demokratische Verein in Frankfurt im Jahr darauf der Unabhängigkeitserklärung
der englischen Kolonien vom 4. Juli 1776 gedachte, wurde —
fast schon traditionell — am Vorabend des Gedenktages auf einer Festsitzung
in der Rosenau wieder ein von Hörth verfaßter Prolog vorgetragen: „Der
Kampf, der längst zum Sieg euch trug, — wir stehen noch in des Kampfes
Mitten13." Und diesem Kampf stellte er sich nicht nur publizistisch.

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