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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0358
Ob diese Anordnung jemals durchgeführt wurde und wenn ja wie lange, kann
nicht ermittelt werden. Sie war für den reisenden Juden in diesem territorial so
gespaltenen Gebiet eine große Erschwernis und dazu eine Mehrausgabe.

Der Judeneid

Verletzendes für die Juden enthielten auch die Bestimmungen, die zu befolgen
waren, wenn ein Jude in einem Rechtsverfahren gegen einen Christen einen
Eid abzulegen hatte. Die „Reformation und Polliceyordnung für die 4 Gerichte
der Landvogtei Ortenau" von 1608 enthält nur die Eidesformel, die der Jude
nachzusprechen hatte, nicht aber die Formalien, die bei der Eidesleistung zu
befolgen waren. Sie sind ausführlich in der „Verfassung der 4 Landgerichte"5
beschrieben und zwar in den § 97—103. Wann und von wem diese Gerichtsverfassung
erlassen wurde, kann nicht mehr festgestellt werden, da die ersten
Seiten fehlen. Jedoch ist auf dem Einband vermerkt, daß das Exemplar 1783
dem Oberamtsrat und dem Amtsschreiber in Offenburg zugestellt wurde.
Zwar gelten für den Juden immer noch andere Vorschriften, die zu befolgen
sind, und ein anderer Eid, den er nachsprechen muß, als für die Christen, aber
die peinlichen und entwürdigenden Formen, die im Mittelalter angewendet
wurden, sind beseitigt.

So verordnete der Schwabenspiegel (13. Jahrhundert)6, daß sich der Jude, bevor
er die Eidesformel sprach, seine Hüften mit einem Geflecht aus Dornen
umgeben, ins Wasser steigen und dreimal sein Geschlechtsteil bespucken mußte.

Die Gerichtsverfassung von 1783 zeigt Verständnis für jüdische Eigenart und
achtet die Bräuche. So nennt der Jude Gott Adonai, schwört bei der Thora
und bedeckt bei der Eidesleistung sein Haupt. Diese gliedert sich in 3 Teile,
wobei jeder mit einer feierlichen Anrufung Gottes als des allmächtigen und
allwissenden, des Schöpfers des Himmels und der Erde eingeleitet wird.

Der Jude muß den Eid auf die Thora ablegen, von der ein Exemplar auf dem
Amt vorhanden sein soll. Darum muß er zunächst bestätigen, daß das vorgelegte
Buch wirklich die Thora ist. Ist er dazu nicht in der Lage, da lesensunkundig
, darf er einen andern Juden, der die hebräische Schrift lesen kann, beiziehen
, der ihm die Richtigkeit bestätigt. Anschließend wird er eingehend über
den Falscheid und seine Folgen belehrt. Er wird daran erinnert, daß sein Eid
auch gültig sei, wenn er den Vorbehalt macht, er habe den Eid vor Christen
abgelegt, die einen unrechten Glauben haben und einen falschen Gott anbeten
. Er wird verwiesen auf die Israeliten, die auch den Männern von Gischon7
den Eid gehalten haben. Wenn der Jude nun bereit ist, ohne Trug und Arglist
unter Anrufung Gottes zu schwören, darf er zum Eid zugelassen werden.

Er bedeckt sein Haupt, ballt seine rechte Hand zu einer Faust zusammen und
legt sie bis zum Ballen auf die Stelle Leviticus 26,14 und spricht dem Vorsitzen-

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