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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0370
Mit anderer Schrift wurde später hinzugefügt: „gestorben am 4. Tag der
Woche, dem 23. Ijar, begraben am 5. Tag der Woche, dem 24. Ijar 620
(= 1860)." Wie bei auffällig vielen Grabsteinen dieses Friedhofes hat auch
dieser eine weitere Inschrift auf seiner Rückseite: „Ich selbst habe meinen Namen
auf den Grabstein gesetzt im Jahr ,so sollst du die Kinder Israel segnen'
in meinem 70. Lebensjahr." (Reihe 2, Grab 32).

An diesem Grabstein läßt sich das allgemein gebräuchliche Schema jüdischer
Grabinschriften ablesen. Auf der ersten Zeile gewöhnlich zwei freistehende
Buchstaben, die in ihrer Abkürzung bedeuten: „Hier liegt begraben (oder geborgen
)". An der oberen Kante findet sich oft ein Symbol: zwei gespreizte
Hände weisen darauf hin, daß der Verstorbene ein Nachkomme Aarons, des
Priesters, war. Sie deuten das Segnen des Volkes durch die Priester an, das
einst im Tempel von Jerusalem täglich vollzogen wurde, heute in der Synagoge
nur noch an Festtagen. In Diersburg entdeckt man auch einige nach unten
gerichtete Priesterhände, wahrscheinlich ein Ausdruck der Trauer über den
Tod — eine unübliche Darstellung, die aber auch andernorts in Baden zu finden
ist.

Hingegen fehlt in Diersburg das Symbol der Kanne, das man im allgemeinen
auf Grabsteinen der Nachkommen des Stammes Levi findet. Sie versahen
einst den Wachdienst im Tempel und begleiteten mit ihren Chorgesängen die
Handlungen der Priester. Nach der Zerstörung des Tempels wurde in der Synagoge
eine Ersatzhandlung eingeführt: die Leviten übergießen die Hände des
Priesters vor der Segnung mit Wasser. So wird an ihre einstigen Dienste im
Tempel erinnert. Obwohl es in Diersburg Leviten gab, wie die Grabsteine mitteilen
, wird keiner durch eine Kanne hervorgehoben.

Wir finden auf einigen Steinen oben auch eine Krone eingemeißelt. Es ist die
„Krone des guten Rufes". „Rabbi Simon sagte: Es gibt drei Kronen, die Krone
der Thora, die Krone der Priesterwürde und die Königskrone, aber die Krone
eines guten Namens überragt sie." (Sprüche der Väter, Kap. 4, Abschnitt 17).
Statt des Symbols findet man sehr oft in Worten geschrieben: „Er (oder sie)
starben in gutem Ruf." Auf einigen Steinen ist das Widderhorn (Schofar) zu
sehen. Es wird am Tage der Auferstehung ertönen. Sonstiger Zierat wie Rosetten
oder Herzen haben nur schmückende Bedeutung.

Es gibt sehr einfache Steine, deren Schrift mit ungelenker Hand und primitiven
Werkzeugen eingemeißelt wurde, und es gibt Steine mit langen Gedichten,
die durch geübte Steinmetzen gemeißelt wurden wie der des Kalonymos. Auf
jedem Stein soll der Name des Verstorbenen mit dem Namen des Vaters ungekürzt
angegeben sein, so wie man ihn in der Synagoge zum Lesen des Tho-
raabschnittes aufgerufen hat. Da er nur mit dem Vornamen aufgerufen wurde
z. B. Aaron, Sohn von Joseph MENACHEM (Reihe 1, Grab 10), kann man
nur selten den Familiennamen finden. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts tau-

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