http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0373
Am Schluß einer jeden Inschrift findet man fünf, manchmal auch sechs oder
mehr leicht zu erkennende, freistehende Buchstaben, die niemals fehlen. Sie
sind die Abkürzung für einen Satz, der gewöhnlich übersetzt wird: „Seine (ihre
) Seele soll eingebunden sein im Bunde des Lebens." Sollte man diese Buchstaben
nicht ausmachen können, ist anzunehmen, daß der Stein abgebrochen
oder einfach im Boden versunken ist. Über den zwei Buchstaben am Anfang
der Inschrift: „Hier liegt begraben . . ." kann sich noch ein zusätzlicher
Spruch befinden, auch unter dem abschließenden Segensspruch gibt es
manchmal noch einen weiteren Spruch, doch sind dies Ausnahmen.
Der Friedhof von Diersburg ist älter, als gewöhnlich angenommen wurde. A.
Diamant schreibt in seinem Buch „Jüdische Friedhöfe in Deutschland", über
Diersburg: ,,. . . vor 1850 gegründet." Andere setzten als frühestes Datum
Anfang 19. Jahrhundert.
Die ältesten entzifferten Grabsteine stammen aus den Jahren 1773/74. Eine
Bestätigung dieser Datierung findet sich im Offenburger Ratsprotokoll vom
9. 2. 1774: „Sie (die Juden) haben eine eigene Grabstatt in Diersburg." Der
älteste Stein ist ein Doppelstein für zwei Brüder: Josefei, Sohn von Hirz und
Lefie (Levi), Sohn von Hirz (Reihe 2, Grab 23). Dieser Stein teilt auch mit,
daß Josef den Friedhof eingerichtet hat. Übersetzt lautet der genaue Text:
P. N.
Hier liegt begraben
der vollkommene Mann.
Seinem Volk hat er
den Friedhof erbaut,
gestorben und begraben
am Vortag zum Sabbat
8 Kislev 734 (= Dezember 1773)
Josefei, Sohn des ehrwürdigen
Hirz Brusal (Bruchsal)
Seine Seele soll eingebunden sein in den Bund des Lebens.
P. N.
Hier liegt begraben
der aufrechte Mann
. . . und gelehrt
Lefie, Sohn des Hirz
gestorben und begraben
am 4. Tag 6 Elul 536 (= September 1776)
Ruhe und auferstehe
wie dein Schicksal es dir
am Ende aller Tage bestimmt hat.
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
Es gibt noch einige Doppelsteine, obwohl solche verhältnismäßig selten sind.
Bei allen handelt es sich um Verwandte, die ungefähr zur selben Zeit starben.
In keinem Fall sind es in Diersburg Gräber von Ehepaaren.
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