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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1985/0402
wohnlich. Also: Nachts um dreiviertel Zwölf Uhr hörte ich ein rasselndes Geräusch
aus der Ecke des bewußten Zimmers, so etwa als werde im unteren
Stock in einem eisernen Ofen geschürt. Ich knipste das Licht an und ging in
die Ecke, um zu hören, was da los ist. — Alles still. Also: Licht aus, ins Bett.
„Rattattatttatta" gings wieder los. Licht an — still . . . und so noch ein drittes
Mal. Da schlug es Zwölf. Aber statt daß der Tanz nun erst recht begonnen
hätte, blieb fortan alles ruhig. Genauso war es in einer der kommenden Nächte.
Daß eine Eule die Ursache war, ist ausgeschlossen. Dann vergaß ich diese
Sache. Vielleicht 10 oder 12 Jahre später, als wir schon längst nicht mehr im
Pfarrhaus wohnten, fragte mich einmal eine alte Frau, die in jungen Jahren
Wäscherin gewesen war, also eine kompetente Kennerin des einschlägigen
Gebietes: „Jetz saje Sie mir emol, hän Sie nie ghert, daß sich im Pfarrhüs ebbs
erzejt het, dert in seilere Stub hingenüs im ewere Stock?" Ich antwortete ausweichend
, ich hätte nie etwas zwischen 12 und 1 Uhr gehört, nur vorher. Da
kam sie ganz in Eifer: „Jä, jä, um drejviertel uf Zwelfi fangt's an un um Zwelfi
herts uf, un wämmer e Liecht macht, hert's au uf." — Die rätselhaften Geräusche
kann man mit Anwendung von sanfter Gewalt irgendwie „natürlich"
deuten. Aber wie erklärt sich ihre Beschränkung auf eine ganz bestimmte
Viertelstunde? Und was soll die längst verstorbene Pfarrfrau damit zu tun
haben? Die Lösung dieser Frage überlasse ich Lesern und Leserinnen, die wissender
sind als ich."

In einer Zeit, in der man Krankheiten noch durch Besprechen, Zauberformeln
und Zaubertränke zu heilen versuchte, in der bei Diebstählen, Unglücksfällen
und familiären Entscheidungen „Brücher und Brücherinnen" zu Rate gezogen
wurden, war der Glaube an übernatürliche Ereignisse „zwischen Himmel
und Erde" noch weit verbreitet. Besondere Häuser und herausragende Persönlichkeiten
wie Frau Pfarrer Lotzbeck wurden bei Spukgeschichten von der
Bevölkerung nicht verschont. Ja, man hat den Eindruck, daß gerade profilierte
Persönlichkeiten mit all ihren Vorzügen und menschlichen Schwächen besonders
häufig nach ihrem Tode zum Objekt übernatürlichen Geschehens
gemacht wurden und auf diese Weise in der dörflichen Gemeinschaft weiterlebten
.

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