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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 16
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nicht reif waren für eine grundlegende Änderung der politischen Verhältnisse.
Weder war eine Industrie herangereift, die ein umsturzbereites und zum Umsturz
fähiges Proletariat erzeugt hätte, noch war die badische Bevölkerung in
ihrer Mehrheit geneigt, aus den noch immer zahlreichen Resten des Feudalismus
unmittelbar zur Republik überzugehen." Mathy sei es stets darum gegangen
, das jeweils Erreichbare durchzusetzen. Das habe ihn auch von den radikaleren
Freunden wie Fickler und Hecker getrennt.

1971 kam Wipprecht in der „Badischen Heimat" in einer Besprechung des
Buches von Stefan Heym „Lenz oder die Freiheit" wiederum auf die Ereignisse
von 1848/49 zurück6. Einem Zitat aus diesem Roman: „Bei einer echten
Revolution darf man neuen Wein nicht in alte Schläuche gießen, und man
kann einen neuen Staat nicht auf einer alten Bürokratie errichten", fügte er
hinzu: „wir, die wir 1918 und 1945 erlebt haben, können dem nur
zustimmen." Kritisch weist Wipprecht auf eine gewisse Parallele zwischen
1849 und 1919 hin: „Sein Regierungschef, der Mannheimer Anwalt Lorenz
Brentano, der — historisch erwiesen — die Regierung des Landes mehr als
Stellvertreter des geflohenen Großherzogs geführt hat denn als entschiedener
Republikaner, erinnert in vielem, und soll es wohl auch, an Friedrich Ebert,
der nach eigenen Worten die soziale Revolution ,wie die Sünde' gehaßt hat."

Wohl seinen bedeutendsten Aufsatz auf historischem Gebiet schrieb Wipprecht
19807: „Aufrechter Gang — Versuch einer Annäherung an Heinrich
Hansjakob", dem bezeichnenderweise nicht eine vom Verfasser mit Recht erwartete
publizistische geistige Auseinandersetzung folgte. Der Nachwelt sei
Hansjakob nur als „Volksschriftsteller" vorgestellt worden: „Den entschiedenen
Demokraten, den erklärten Republikaner wollte offenbar kein Verleger
in den letzten Jahren der Monarchie noch herausstellen."

Daß Wolfgang Wipprecht die Anschauung Hansjakobs aus dessen Buch
„Mein Grab" zitiert: „Für alte und denkende Menschen gibt's meines Erachtens
überhaupt keinen sogenannten schönen Lebensabend. Schön ist nur der
Morgen des Lebens, die erste Jugendzeit", geschieht natürlich nicht zufällig.
Er selbst hatte in einem Merkbüchlein am 20. 9. 1964 notiert8: „Nur in meiner
Jugend habe ich richtig gelebt — wenn Leben soviel bedeutet wie ,da sein im
Gegenwärtigen'." Und wie jener der Mahnung, an den Tod denken, „seit einem
Jahrzehnt redlich nachgekommen" war, „vielleicht nur allzusehr", so
auch Wipprecht, der sich schon zwei Jahrzehnte damit beschäftigt hatte. Mit
Altersdepressionen ging auch politische Resignation einher, und er war äußerst
schockiert, als er 1981 in der „Allmende" von dem Republikaner und
Demokraten Martin Walser einen „naiven Schlageter-Artikel" las. Obwohl
ihm in jener Zeit schon vieles zu schaffen machte, bewegte ihn der Aufsatz so
sehr, daß er öfters darauf zurückkam. So schrieb er darüber am 17. 1. 1982:
„Dann kam dieser Schlageter-Aufsatz. Der hat es mir schwer gemacht, einem
plötzlich in Nibelungentonart agierenden Martin Walser entgegenzutreten.

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