Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 61
(PDF, 109 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0061
nen Geschwindigkeitsrausch. Darüber geben die Bemerkungen mancher Zeitgenossen
Auskunft. So karikiert der Goethe-Freund Karl Friedrich Zelter den
Postwagen als kastenförmigen, eisernen „Altar", auf dem der Passagier „seine
weichen Teile zum Opfer bringt"8. Von Ludwig Börne, dessen „Monographie
der Deutschen Postschnecke" die Stationsaufenthaltszeiten einer Reise von
Frankfurt nach Stuttgart erfaßt, stammt der Begriff der „Stillstandslehre"9.
Und bereits Christian Fürchtegott Geliert weiß von dem dramatischen Ausgang
einer Landkutschenfahrt zu berichten: „Den linken Arm trage ich in einer
Binde, und ich wäre sehr glücklich, wenn ich den Kopf auch in einer tragen
könnte; so zerschlagen ist er mir"10.

Natürlich gehört auch in unserer Stadt der Anblick der Postkutsche zum gewohnten
Straßenbild. Die Posthalterei befand sich im Gasthaus Adler-Post
(„Schwarzer Adler"), heute Hauptstraße 55. Am 5. Januar 1760 fuhr der erste
Postwagen von Straßburg über Offenburg-Villingen nach München.

Das Unternehmen blüht, bis eben der Bau der Eisenbahn die Postkutsche
langsam entbehrlich und die Posthalterei überflüsig macht. Gegen Ende des
19. Jahrhunderts errichtet man dann am „Adler-Post" eine Haltestelle der
Kleinbahn Offenburg-Altenheim".

Allerdings muß man der Wahrheit halber sagen, daß der Postverkehr gerade
beim Aufkommen der Eisenbahn technisch und organisatorisch zunehmend
perfektere Strukturen aufweist. So läßt sich zum Beispiel in Offenburg die
Postkutsche durch die Eisenbahn nicht nur nicht verdrängen, sondern tritt sofort
in Konkurrenz zu ihr, wie eine Anzeige aus dem Offenburger Wochenblatt
von 1844 anschaulich dokumentiert12. Selbst auf ihrer „Mutterstrecke"
Nürnberg-Fürth hat die Eisenbahn noch nach 10 Jahren ein gewisses Experimentierstadium
nicht überschritten. Den täglich acht Fahrten mit Dampfantrieb
stehen dort noch immer 15-20 Fahrten mit Pferdekraft gegenüber. Schon
in diesen Jahren erfindet man ein System, mit dem sich das Oberteil einer
Postkutsche, ähnlich einem heutigen Container, problemlos auf Eisenbahnräder
aufsetzen läßt.

2. Der Eisenbahnbau und seine Folgen

Die Hoffnungen im Hinblick auf den Eisenbahnbau

Der Grund für die rasche Ausbreitung der Eisenbahn kann demnach nicht nur
im erwarteten technischen Vorteil liegen. Beim Lesen der Quellen und der Literatur
stoßen wir auf verschiedenste Hoffnungen, die sich an die Bahn knüpfen
. Vor allem Friedrich List sah im Eisenbahnsystem neben dem Zollverein
die Grundlage für die „Vervollkommnung der deutschen Nationalzustände".
Seiner Meinung nach wirke es nicht nur durch Förderung der materiellen Nationalinteressen
sondern auch durch „Stärkung aller geistigen und politischen
Kräfte", und zwar:

61


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0061