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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 63
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licht werden. Zwischen den einzelnen deutschen Herrschaftsgebieten gibt es
erhebliche politische und wirtschaftliche Differenzen. So ist es verständlich,
daß beim Netzausbau der Eisenbahn zumindest in den ersten Jahren nach
1835 einzelstaatliche Interessen eine dominierende Rolle spielen.

Im Großherzogtum Baden entscheidet sich die Regierung für ein Staatsbahnsystem
, finanziert über Anleihen der Bürger. Infolge erheblicher Finanzierungsprobleme
dauert der Bau der Gesamtstrecke 17 Jahre. Aus später unverständlichen
Gründen wird zunächst eine Spurweite von 1600 mm statt der üblichen
Normalspur von 1435 mm gewählt. Als wichtiges Argument ertönt in
der Ersten Kammer im Jahre 1846 die „echt badische" Feststellung: ,,. . . angenommen
auch, daß durch ganz Deutschland ein und dasselbe Gleis wäre, so
würde nie und nimmer ein badischer Wagen auf der Württembergischen
Eisenbahn fahren"14. Bereits im Jahre 1854 erfolgt dann der aufwendige Umbau
auf Normalspur.

Die sozialen Probleme im Gefolge des Eisenbahnbaues: Die „Hefe des Volkes"

Die soziale Situation ist angesichts der Menschenzusammenballungen und geringer
Fürsorge schlecht. „Der Eisenbahnbau", heißt es in der Eisenbahnzeitung
vom 13. April 1845, „hat immer ein Zusammendrängen größerer Massen
von Handlangern, Gesellen usw. auf einzelnen Punkten der Bahn zur Folge.
Die oft aus weiter Ferne zusammengeströmten Arbeiter können auf den einzelnen
Baustellen oder in deren Nähe nicht immer genügend Herberge mit Obdach
und Lagerstätte, noch weniger zu jeder Zeit eine gesunde und nahrhafte
Verköstigung finden . . . Die Folgen solcher Mängel können dann keine anderen
als häufige Erkrankungen sein . . . Die öffentlichen Landkrankenhäuser
sind nicht immer in der Nähe, nicht immer erreichbar für die Erkrankten. Diese
selbst sind in der Regel mittellos."

Der Begriff „Eisenbahnarbeiter" umschließt alle mit Handwerk beim Bahnbau
beschäftigten Berufsgruppen, also die Handwerker, die Tagelöhner, die
Vorarbeiter und Aufseher. In einer Sektion sind z. B. tätig: 14 Aufseher und
Vorarbeiter, 18 Schmiede, Schlosser und Dreher, 26 Zimmerleute, 52 Maurer,
78 Steinhauer, 126 Steinbrecher und 938 Tagelöhner. Die Fluktuation ist beträchtlich
, zumal viele den Anstrengungen nicht gewachsen sind. Ein Teil der
Eisenbahnbauarbeiter, vor allem die Erdarbeiter, rekrutiert sich aus dem
Dienstboten- und bäuerlichen Bereich sowie aus kaum oder gerade noch existenzfähigen
gewerblichen Kleinbetrieben. Oft melden sich ganze Familien mit
ihren Kindern zur Arbeit. Die Eisenbahnarbeiter werden oft als „große Masse
von Proletariern", als „Leute aus den untersten Klassen der Bevölkerung",
als „Hefe des Volkes", als „rohes Gesindel" abqualifiziert15.

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