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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 66
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Straße reicht, ausgedehnt hat. Das im Bau befindliche Städtische Krankenhaus
und die Infanteriekaserne liegen am Rand des neuen Wohngebiets. Zur Rheintalstrecke
der Eisenbahn ist die Schwarzwaldbahn gekommen, die Bahnhofsanlagen
haben sich ausgeweitet. Sie durchschneiden jetzt das Wohngebiet in
zwei Teile.

Der Stadtplan von 1942 läßt erkennen, daß die Stadt vor allem im Osten weiter
an Umfang zunimmt, da die Kinzig immer noch die westliche Grenze bildet
. Krankenhaus, Friedhof und Infanteriekaserne sind nun von Bebauung
umgeben. Die Bahnlinie, einst am Rande der Stadt geplant, verläuft nun mitten
durch sie hindurch.

3. Das Reisen mit der Eisenbahn
Der Bahnhof

Der Umfang der Bahnanlage ist für die damalige Zeit beträchtlich. Man verlegt
6 Gleise, zwei davon überdacht. Drehscheiben, Materialmagazine, Werkstätten
, ein kleines Maschinenhaus, Wagen- und Kohlenremise entstehen. Das
Empfangsgebäude ist einstöckig. Seine weitläufige Fassade besteht aus Sandstein
von Brüchen bei Lahr und Oberkirch.

Der Bahnhof setzt in vielen Orten bauliche und architektonische Akzente. Erste
Beschreibungen charakterisieren ihn überhöht. Vom „Turmbau zu Babel"
ist die Rede, vom „Tempel der Technik", „Spiegel moderner Architektur",
„Drehpunkt der Stadt". Er ist eines der wenigen Gebäude, die direkt aus der
industriellen Revolution hervorgegangen sind. Anstatt sich in einem nüchternen
Funktionalismus zu präsentieren, wie es der Härte der industriellen Umwelt
eigentlich entsprochen hätte, verhüllt er sich mit den Stilmitteln der Realitätsflucht
. So erscheint er im 19. Jahrhundert in der Gestalt von griechischen
Tempeln, romanischen Basiliken, gotischen Kathedralen und barocken
Schlössern20.

Der Bahnhof ist der Ort der großen Verwandlung. Arbeitszeit schlägt um in
Reisezeit. „Der Bahnhof ist der Ort der Ekstase, der Entrückung aus der Zeit,
bevor noch ein Zug ihn verläßt. Als die Götter starben, haben sie hier Zuflucht
gesucht. Merkur am Portal, schöne Unbekannte immer wieder zwischen
den Verstrebungen hinabsehend auf das Treiben unter ihnen. Das
Bündnis von Mythologie und Technik, das das 19. Jahrhundert schloß, hat
hier seinen Tempel"21. Bahnhöfe, so hat es Theophile Gautier formuliert, sind
die Paläste der modernen Industrie, in denen sich die Religion des Jahrhunderts
entfaltet: die Religion der Eisenbahn. Diese „Kathedralen der neuen
Menschheit" sind die „Treffpunkte der Nationen, das Zentrum, in dem alles
zusammenfließt, und der Kern gigantischer Sterne, mit Strahlen aus Eisen, die
sich bis zum Ende der Welt erstrecken"22.

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