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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 68
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fort abgestuft. Die Stehwagen besitzen kein Dach und sind nur für den Nahverkehr
eingesetzt. Ihre Billetts gelten bis zu einer Entfernung von 75 km, was
einer Stehzeit von 2 1/2 Stunden entspricht23-

Wer in den höheren Klassen reist, hat Anspruch auf besondere Höflichkeit,
sei er auch ein Hochstapler wie Felix Knill.

„Der Zug hatte Paris um sechs Uhr verlassen. Die Dämmerung sank, das
Licht ging an, und noch schmucker erschien darin meine Privat-Behausung.
Der Schaffner, schon höher an Jahren, erbat sich die Erlaubnis zum Eintreten
durch sachtes Klopfen, legte salutierend die Hand an die Mütze und wiederholte
die Ehrenbezeigung, als er mir meine Fahrkarte zurückgab. Dem biederen
Manne, dem eine loyale und bewahrende Gesinnung vom Gesicht abzulesen
war und der auf seinem Gang durch den Zug mit allen Schichten der Gesellschaft
, auch mit ihren fragwürdigen Elementen, in dienstliche Berührung
kam, tat es sichtlich wohl, in mir ihre wohlgeraten-vornehme, das Gemüt
durch bloße Anschauung reinigende Blüte zu grüßen24.

Als Höhepunkt des vornehmen, komfortablen Reisens im Eisenbahnzeitalter
galten die legendären Expresszüge jener Zeit, an ihrer Spitze der Orient-Express
(London-Paris-München-Wien-Budapest-Belgrad-Istanbul). Als König
der Züge war er zugleich Zug der Könige, „Inbegriff des luxuriösen Reisens,
verbunden mit dem geheimnisvollen Zauber illustrer Namen und Geschehnisse
, eine beglückende Synthese zwischen blitzender Technik und lässiger Behaglichkeit25
." Ihre Verkehrsbedeutung ist allerdings recht gering, denn die
meisten namenlosen Fernschnellzüge befördern mehr Passagiere als die bekannten
Luxuszüge. Sie erweisen sich vielmehr als ein mikroskopisches Abbild
der „Belle Epoque", ihrer ökonomischen und sozialen Verhältnisse, aber
auch ihres Geistes. Umgekehrt erkennt sich die Epoche in den Luxuszügen
wieder: deren Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Komfort sind in den Augen der
Zeitgenossen Gradmesser des vergötterten zivilisatorischen Fortschritts. Ähnlich
wie bei den berühmten Passagierdampfern der gleichen Zeit kommt es als
Folge dieser Identifikation auch bei den Luxuszügen zu einer mythischen
Überhöhung, die heute noch fühlbar ist.

Den Offenburgern vertraut ist aus dieser Kategorie der „Großherzogliche
Galawagen". Auch er ist auf das Eleganteste ausgestattet mit Mahagoni und
Samtplüsch, Sofas und Spiegeln, sowie einem besonderen Abteil für Bedienung
und Begleitung. Er ist ultramarin gestrichen und trägt an der Tür das Badische
Wappen mit dem Namenszug des Großherzogs.

4. Die Menschen und das neue Verkehrsmittel

Dem Menschen des 19. Jahrhunderts fällt es nicht leicht, das neue Verkehrsmittel
problemlos anzunehmen. Die Erfahrung der Eisenbahn vermittelt der

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