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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 73
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den Gleisen verlaufen müssen, bildet die Konstruktion von Brücken eines der
Hauptprobleme beim Eisenbahnbau: Eine „Kunstlandschaft" entsteht39.

Im März 1846 lesen die Offenburger in ihrer Zeitung: „Zur Uferabpflasterung
an der neuen Kinzigbrücke werden 10 Kubik Ruthen Sandsteine aus den Oberschopfheimer
oder Oberweirer Brüchen erfordert40". Dies ist der erste Hinweis
auf die Offenburger Bahnbrücke über die Kinzig. Heftige Regengüsse
zerstören sie nach wenigen Jahren, da ihre Zwischenpfeiler dem Hochwasser
nicht standhalten können. Die drei Nachfolger sind, Erfahrung macht klug,
frei gespannt.

Die heutige Kinzigbrücke aus dem Jahre 1950 ist eine stählerne Bogenkon-
struktion.

Andere Brücken überqueren den Bahngraben. Die Zähringer- und die Schulhausbrücke
verbinden das Stadtzentrum mit dem östlichen Gelände. Dazu
kommt später die Unionbrücke. Bei der Gelegenheit wird der „Luisensteg",
ein in der Nähe liegender Holzfußsteg, abgerissen.

Die „Ambivalenz " der Eisenbahn

Das 19. Jahrhundert ist eine technikbegeisterte Zeit. Technische Konstruktionen
und technisches Denken halten die Menschen in ihrem Bann und begeistern
sie. Ab und zu kommt jedoch die Doppelbödigkeit, die Ambivalenz dieser
Technikverherrlichung zum Ausdruck: Schnelle Reisezeit macht nervös;
Vernetzung des Landes zerstört Natur; Präzision am Hauptbahnhof ist kalt;
Geschwindigkeit auf der Strecke flößt Angst ein. Konzentrierter Ausdruck
dieser Ambivalenz ist das Unglück, das die Eisenbahn von ihren Anfängen an
begleitet. Aus den „Notizen eines alten badischen Post- und Eisenbahnbeamten41
" ist zu entnehmen, daß kaum ein Jahr ohne Unglücksfälle vergeht. Jedesmal
überrascht dann die plötzliche Gewalttätigkeit des technischen Fortschritts
den Menschen der damaligen Zeit. Thomas Mann hat dies in seiner
Erzählung „Eisenbahnunglück" meisterhaft analysiert42, Ernst Bloch in seinen
„Spuren" auf einen kurzen Nenner gebracht: „Krach des Zusammenstoßes
, Knall der Explosion, Schreie zerschmetterter Menschen, kurz ein Ensemble
, das keinen zivilisierten Fahrplan hat43"-

Man kann sagen — und diese Erkenntis gilt wohl auch heute noch, denken wir
nur an die Serie von Eisenbahnunglücken in Frankreich im Jahr 1985, je effektiver
sich eine Technik auswirkt, umso katastrophaler ist die Kraft der Zerstörung
bei ihrem Kollaps. Irgendwie besteht ein genaues Verhältnis zwischen
dem Stand der Technologie, der Naturbeherrschung und der Fallhöhe der Unglücke
dieser Technik. Dieser Zusammenhang ist dem Menschen zu Beginn
des technischen Zeitalters bewußter als uns heute.

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