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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 156
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Bäuerliches Alltagsleben im Hochmittelalter am Oberrhein

Werner Rösener

Die soziale Lage der bäuerlichen Bevölkerung in der Epoche des Hochmittelalters
ist von den Historikern im allgemeinen als gut bezeichnet worden1. So
gab Alfons Dopsch 1939 in seinem Werk „Herrschaft und Bauer in der deutschen
Kaiserzeit" folgendes Urteil zu den bäuerlichen Lebensverhältnissen
während des Hochmittelalters ab: „Eben diese Zeiten (10.-13. Jahrhundert)
stellen die Blüteperiode des deutschen Bauernstandes im Mittelalter dar. Die
Bauern waren wohlhabend, weil sie gegenüber der früheren Zeit ihr Besitzrecht
an dem grundherrlichen Leihegut verbessern und im Falle schlechter
Ernte oder elementarer Not vom Grundherrn Zinsnachlässe oder positive Hilfe
erhalten konnten . . . Die gewaltige Entwicklung des deutschen Bauernstandes
hat aber umgekehrt auch bei dem wirtschaftlichen Aufschwung des
Großgrundbesitzes mitgeholfen. Die großen Herrschaftsbildungen, geistlich
wie weltlich, bauen auf ihm als fester Grundlage der Agrarwirtschaft auf. Und
der Blütezeit des deutschen Bauerntums steht gleichzeitig eine höfische Kultur
der fürstlichen Grundherren gegenüber, die durch die wirtschaftliche Erstarkung
dieser ermöglicht war2." Noch positiver beurteilte Friedrich Lütge die
Lage der Bauern, als er 1949 emphatisch schrieb: „Es ist ja stets festzuhalten,
daß das 13. Jahrhundert und die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts den Höhepunkt
der ganzen Geschichte des deutschen Bauern darstellt; seine wirtschaftliche
und auch soziale Lage war damals so gut wie nie zuvor und auch nie
nachher. Das gilt nicht nur für ganz Deutschland, sondern im besonderen gerade
für den Südosten des Reiches, wo Neidhard von Reuenthal in seinen bäuerlichen
Liedern das hochmütig-üppige Leben der Dörfler darstellte und wo
der Hof des „Meier Helmbrecht" . . . stand"3. In einem ähnlichen Sinne
äußerte sich vor kurzem der französische Sozialhistoriker Robert Fossier, als
er konstatierte: „Es ist keine Übertreibung, wenn man feststellt, daß das französische
Bauerntum bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert keine so ausgeglichene
Lage wieder erreicht hat wie in den beiden Jahrhunderten der hochmittelalterlichen
Blütezeit. Man hat daher mit Recht gesagt, daß das Hochmittelalter
für das Bauerntum kein dunkles, sondern ein goldenes Mittelalter darstellte
"4.

Angesichts dieser erstaunlich positiven Urteile zur Lage der Bauern im hochmittelalterlichen
Europa stellt sich uns die Frage nach der Berechtigung dieser
Aussagen. Waren die Existenzbedingungen der Bauern im 12. und 13. Jahrhundert
tatsächlich besser als im frühmittelalterlichen Reich Karls des Großen
oder in den Jahrhunderten des ausgehenden Mittelalters5? Vermitteln die Urteile
der Historiker nicht ein zu idyllisches Bild der bäuerlichen Situation in-

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