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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 157
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nerhalb der hochmittelalterlichen Feudalgesellschaft, wo wir die große Masse
der bäuerlichen Bevölkerung weiterhin in Abhängigkeit von weltlichen und
kirchlichen Grundherren antreffen? Welche Momente und Wandlungen lassen
es gerechtfertigt erscheinen, von einer Verbesserung der bäuerlichen Lage
vom frühen zum hohen Mittelalter zu sprechen? Die Erhabenheit hochmittelalterlicher
Kirchen und Kathedralen, die Großartigkeit der aufblühenden
Städte und Burgen dürfen uns nicht dazu verleiten, von diesem äußeren Glanz
auf die soziale Lage der bäuerlichen Bevölkerung zu schließen, zumal wir aus
vielen Ländern und Epochen wissen, daß städtischer Reichtum und ländliche
Armut häufig gleichzeitig auftreten. Bäuerliche Selbstaussagen sind ebenfalls
keine zuverlässigen Gradmesser für die tatsächlichen Verhältnisse, wie wir von
den Äußerungen heutiger Bauernverbände wissen.

Unwandelbar und ewig gleichbleibend waren die Existenzbedingungen der
Bauern zu keiner Zeit. Die Vorstellung von einer tausendjährigen Ruhe im
dörflichen Lebensbereich ist auch heute noch oft anzutreffen6, mag sie auch
bei vielen Sachkennern verblaßt sein. Das Bild von der lang dauernden Beharrung
im bäuerlich-ländlichen Sektor eignet sich vorzüglich als Kulisse, um davor
das bewegte Spiel der Gegenwart im industriell-städtischen Bereich abheben
zu können. Das Bild vom geschichtslosen Bauern, wie es Oswald Spengler
1922 in seinem vielgelesenen Werk vom „Untergang des Abendlandes" gezeichnet
hat, ist trotz seiner historischen Unrichtigkeit noch immer weit verbreitet
. „Der Bauer ist der ewige Mensch, unabhängig von aller Kultur, die in
den Städten nistet. Er geht ihr vorauf, er überdauert sie, dumpf und von Geschlecht
zu Geschlecht sich fortzeugend, auf erdverbundene Berufe und Fähigkeiten
beschränkt, der Ausgang und die immer fließende Quelle des Blutes,
das in den Städten Weltgeschichte macht . . ."7.

Ähnlich undifferenziert zur bäuerlichen Sozialgeschichte äußerte sich der Mittelalterhistoriker
Heinrich Dannenbauer, als er 1941 schrieb: „Die Welt des
Mittelalters ist eine aristokratische Welt. Staat, Kirche und Gesellschaft werden
vom Adel beherrscht. Eine Anzahl großer Familien, ausgezeichnet durch
vornehme Geburt und weitausgedehnten Besitz, untereinander vielfach versippt
, gebietet über Land und Leute . . . Die Taten und Untaten dieser
weltlich-geistlichen Aristokratie machen die Geschichte jener Jahrhunderte
aus, mit ihnen füllen die Chroniken die Blätter ihrer Bücher. Von anderen
Leuten ist nichts zu vermelden. Das Volk auf dem Lande ist zum größten Teil
abhängig, unfrei in mannigfachen Abstufungen. Es hat zu gehorchen, zu arbeiten
und Abgaben zu entrichten. Zu sagen hat es nichts. Es hat im Grund
keine Geschichte"8.

1. Die Eigenart der hochmittelalterlichen Epoche (11.-13. Jh.)

Wenn wir uns nach diesen einleitenden Bemerkungen nun dem bäuerlichen
Alltagsleben des Hochmittelalters zuwenden, scheint es angebracht, zunächst

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