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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 158
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die Eigenart der hochmittelalterlichen Epoche kurz zu charakterisieren. Vom
11. bis zum 13. Jahrhundert erlebte das abendländische Europa eine einzigartige
Periode der Expansion, des Aufschwungs und der Entfaltung von Wirtschaft
, Herrschaft und Kultur9. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts lassen sich
eine Reihe sehr tiefgehender Veränderungen beobachten, die nach und nach
alle Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft erfassen. Die Grundlage dieses
wirtschaftlichen Wandels ist vor allem die voranschreitende Besiedlung, die
unaufhaltsam das Gesicht Europas verändert: Die iberischen Hochflächen
und die Gebiete östlich der Elbe werden neu besiedelt, und selbst in den alten
Kernlandschaften dringt der Pflug ständig weiter in die noch verbliebenen
Wälder und Ödländereien vor. Während dieser Rodungsphase werden auch
die Kernzonen des Schwarzwaldes siedlungsmäßig erschlossen: Vom Oberrheingebiet
dringen Klosterherrschaften wie Ettenheimmünster und Waldkirch
oder weltliche Grundherren wie die Herzöge von Zähringen und die Herren
von Eberstein in den Schwarzwald vor und besiedeln Täler und Höhen mit
rodungswilligen Bauern10.

Diese neue Epoche der mittelalterlichen Geschichte bedeutet nach den Worten
des französischen Mediävisten Jacques Le Goff weder ein Zurücktreten einer
Agrargesellschaft vor einer städtischen Gesellschaft noch bringt sie den vollständigen
Übergang von der Naturalwirtschaft zur Geldwirtschaft11. In der
abendländischen Welt des 12. und 13. Jahrhunderts ist der Grundbesitz weiterhin
die Hauptquelle von Reichtum und Macht, und der landwirtschaftliche
Fortschritt ist die Grundlage des allgemeinen Aufschwungs. Der Bevölkerungszuwachs
, die Arbeitsteilung, die ständische Gliederung, die Entwicklung
der Städte und die dadurch ermöglichte Wiederaufnahme eines bedeutenden
Handels treten dabei fast gleichzeitig auf, ebenso wie die nachfolgende geistige
, religiöse und kulturelle Erneuerung, die einen Teil dieses übergreifenden
Gesamtaufstiegs der abendländischen Christenheit bildet. Für die Erneuerung
der Baukunst ist uns der Chronist Rodulf Glaber ein guter Gewährsmann,
wenn er schreibt: „Als das dritte Jahr nach dem Jahr 1000 herankam, wurden
fast überall, aber besonders in Italien und Gallien die Kirchen erneuert; obwohl
die meisten sehr gut gebaut waren und eine Erneuerung nicht nötig gehabt
hätten, trieb ein richtiger Wettstreit jede christliche Gemeinde dazu, eine
noch prächtigere Kirche als die der Nachbarn zu haben. Man hätte sagen können
, daß die Welt sich selbst schüttle, um ihre Baufälligkeit abzustreifen, und
sich überall mit einem weißen Mantel von Kirchen bedecke. So wurden fast alle
Bischofskirchen, die allen möglichen Heiligen geweihten Klosterkirchen
und sogar die kleinen Dorfkapellen von den Gläubigen schöner wieder aufgebaut
."12

Der landwirtschaftliche Aufschwung, der in den nordalpinen Gebieten schon
auf die karolingische Epoche zurückgeht, ist ebensogut Ursache wie Auswirkung
der Bevölkerungszunahme13. Der Agrarfortschritt zeigt sich nicht nur in

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