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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 159
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der Ausbreitung des bebauten Bodens; zur Vermehrung der Anbauflächen
kommen die quantitative und qualitative Verbesserung der Erträge, die Vielfalt
der Bebauung, die Bereicherung der Nahrung. Der Agrarfortschritt zeigt
sich ebenso in technischen Neuerungen wie in der Ausweitung der Anbauflächen
. Das auffallendste Phänomen dieser Zeit ist zweifellos der rasante Bevölkerungszuwachs
. Anhand indirekter Angaben erkennen wir, daß die Bevölkerung
in fast allen Teilen Europas in einem beträchtlichen Ausmaß zunimmt;
sie vergrößerte sich vom 11. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts in den meisten
Ländern um das Zwei- bis Dreifache. Diese Bevölkerungsexpansion fand
ihren sichtbarsten Ausdruck im großflächigen Landesausbau und in einer intensiven
Rodungstätigkeit14. Das Hochmittelalter wurde so zur Epoche der
großen Landerschließung, in der sich das Bild der europäischen Natur- und
Kulturlandschaften grundlegend veränderte und ein Aussehen gewann, das
sich in vielen Gegenden in seiner Grundform bis zum 19.Jahrhundert erhielt.
Von den Neusiedlungen des Hochmittelalters zeugen noch überall die Namen
der Orte und deren Lage im Gelände. Auch in den altbesiedelten Landschaften
trieb der Bevölkerungsdruck den Innenausbau der Ortsgemarkungen voran
, so daß sich Einzelhöfe zu Weilern und Weiler zu Dörfern entwickelten. In
den Fluß- und Seemarschen eroberte man durch Entwässerung neue Siedlungsflächen
für landhungrige Bauern, während in den Waldzonen durch Rodung
planmäßig neue Fluren und Dörfer entstanden.

Das spektakulärste Beobachtungsfeld für die Bevölkerungszunahme bieten
neben den Rodungsgebieten die Städte15. Die städtische Erneuerung zeigt sich
ebensogut in Neugründungen — z.B. Freiburg und Offenburg — wie in der
Erweiterung bestehender Stadtkerne. Im Falle der „Neustädte" ist es dabei
oft schwierig, große Dörfer und Märkte von Städten im eigentlichen Sinn zu
unterscheiden. In diesen neuen Städten und neuen Vierteln bekundet sich auch
ein neuer städtischer Geist. Die regelmäßige Anlage vieler Städte zeigt eine
Reifeperiode des städtischen Denkens, einen Willen zur Rationalisierung, der
die geistigen Veränderungen erahnen läßt. Man darf diese beiden Welten, deren
Wachstum im Hochmittelalter parallel läuft, nicht trennen: die Stadtentwicklung
wirkt ihrerseits auf die ländliche Umgebung zurück. Zwischen Stadt
und Land entwickelt sich allmählich eine Arbeitsteilung; der technische Fortschritt
verändert dabei Landwirtschaft und Stadtwirtschaft zugleich. Die
Wassermühle ermöglicht z.B. technische Veränderungen, die sowohl auf dem
Land als auch in der Stadt tiefgreifende Folgen haben.

Der wirtschaftliche Aufschwung erfordert vor allem ein größeres Maß an
Recht und Sicherheit. So entwickeln sich im Innern der abendländischen Staaten
und Länder seit dem 11. Jahrhundert vermehrt Friedenseinrichtungen. In
den Urkunden, die diesen Frieden herstellen sollen, wird der Schutz der wirtschaftlichen
Betätigung ausdrücklich erwähnt. Als Papst Urban II. 1095 in
Clermont zum ersten Kreuzzug aufruft, stellt er „die Ochsen und Pferde der
Feldarbeit, die Wagenführer und Egger, sowie die Pferde, mit denen sie eg-

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