http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0164
Blick auf ein süddeutsches Dorf mit Fachwerkhäusern im ausgehenden Mittelalter
: Kalchreuth. Federzeichnung von A. Dürer (um 1500)
vorherrschender Einzelhofsiedlung sich erst im Verlauf des Hochmittelalters
herausgebildet haben, während vorher von einer stark fluktuierenden Siedlungsweise
in Weiler und Höfegruppen gesprochen werden muß. Die Siedlungsforschung
hat jedenfalls den Nachweis erbringen können, daß das für
urgermanisch gehaltene Haufendorf erst seit dem Hoch- und Spätmittelalter
in Erscheinung tritt; ebenso hat die Archäologie gezeigt, daß die Kleinsiedlung
im Frühmittelalter auch im süddeutschen Raum eindeutig vorherrscht28. Der
Wandel der Siedlungsweise geht im Hochmittelalter dann einher mit entscheidenden
Veränderungen in der Hausbauweise29: Von den älteren Gruben- und
Pfostenhäusern geht man zur Anlage von Ständerhäusern auf Steinfundamenten
über, was zweifellos als ein sicheres Indiz für eine größere Seßhaftigkeit
der bäuerlichen Bevölkerung anzusehen ist; die Verdichtung der Siedlung zum
Dorf verläuft offenbar parallel zur Stabilisierung fester Wohnstätten. Gleichzeitig
entstehen gerade im 12. und 13. Jahrhundert in vielen Dörfern neue
Pfarrkirchen und Kapellen. Auf diese Weise wird das Dorf mit seinen darin
wohnenden Bauern über den Sozialverband hinaus zu einem Kultverband; der
Prozeß der Verchristlichung der ländlichen Gesellschaft hat so ein neues Stadium
erreicht.
Hinsichtlich der Wirtschaftsweise treten im hochmittelalterlichen Dorf einige
Wandlungen ein, die wir mit den Wortungetümen „Vergetreidung", „Ver-
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