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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 178
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ken mußte13. In Thüringen hat z. B. der Waid, ein Blaufärbemittel, die Anbaugewohnheiten
grundlegend verändert14.

Die Intensivierung der Landwirtschaft muß man zugleich in engem Zusammenhang
mit der Entstehung der Stadt im 11. und 12. Jahrhundert sehen, wodurch
die bisher agrarisch strukturierte Welt Mitteleuropas sich grundlegend
veränderte. Ein stürmischer Austausch von Gütern setzte ein, und die Geldwirtschaft
der Städte bestimmte fortan das Wirtschaftsleben. Unter dem
Druck der städtischen Geldwirtschaft vollzog sich in der Agrarwirtschaft eine
Umstellung von Naturalabgaben auf festgeschriebene Geldleistungen. Für den
Bauern brachte diese Umstellung der Abgabenform gegenüber dem Grundherren
eine vom Ernteertrag abgekoppelte Leistungspflicht. In guten Erntejahren
konnte dies ihm zum Vorteil gereichen, in schlechten Jahren, bei Krieg
und anderen Unbilden hatte der Bauer allein die Last zu tragen. Für den Adel
hatte es den großen Vorteil, daß er sich nun aufgrund seiner festen Geldeinkünfte
am Geld-Warenverkehr beteiligen konnte und nicht selbst für die Vermarktung
der Agrarprodukte sorgen mußte, was sich jedoch im weiteren Verlauf
der wirtschaftlichen Entwicklung zu seinem Nachteil auswirkte. Mit der
zweiten Städtegründungsphase in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden
neue kleinere Zentren mit lokalen und regionalen Märkten, die zudem
eine Vermittlerfunktion zu den größeren und überregionalen Zentren übernahmen
. Diese städtischen Märkte, die die landwirtschaftlichen Überschüsse
bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts ohne besondere Schwierigkeiten aufnahmen
, schafften für den erstmals in größerer Eigenverantwortlichkeit produzierenden
Bauern eine wirkliche Möglichkeit, Agrarprodukte in größerem Umfang
gegen Bargeld verkaufen zu können. Der direkte Absatz auf dem Markt
bedeutete ein höheres Einkommen15 für die Bauern, bedeutete aber auch eine
Umstellung des bisherigen Familienbetriebes auf eine auf Überschuß ausgerichtete
Produktionsform mit Spezialisierung und Ausweitung der Sondernutzungsbereiche
, was jedoch bei einem Teil der Dorfgenossen aus Angst um genügend
Weideflächen auf großen Widerstand stieß16.

Durch die Städtegründungen wurden zugleich viele Arbeitskräfte von den
Städten angezogen, die nur aus der Landbevölkerung heraus ihren Bedarf an
Arbeitskräften decken konnten. Auch aus demographischen Gründen waren
die Städte gezwungen, auf ständigen auswärtigen Zuzug zu achten17. Die verbesserten
Lebens- und Rechtsbedingungen in der Stadt („Stadtluft macht
frei") waren Anreiz genug. Der Abzug der an die Scholle gebundenen Bauern
in die Stadt war nicht legal. Einzelnen Bauern gelang bisweilen in der Stadt ein
derart rasanter Aufstieg, daß es an manchen Orten für notwendig erachtet
wurde, durch Verordnungen diesen Emporkömmlingen den Eintritt in den
Rat zu versagen18. Um 1430 berichtet der Dichter Muskatblüth von solchen
Mißbilligungen19. Die Landflucht bedrohte aber die wirtschaftliche Grundlagen
der Feudalherrschaft, die zunächst mit Verboten und anderen Zwangsmaßnahmen
der Flucht ihrer Bauern Einhalt zu gebieten suchte. Erst eine

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