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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 180
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genden Getreidepreise versprachen hohe Rentabilität bei relativ großer Sicherheit
des angelegten Kapitels. Hinzu kommt, daß die schleichende Geldentwertung
die Anlageform in Naturalangaben zusätzlich förderte. Für den kontraktierenden
Grundherrn oder Bauern bedeuteten die Getreideernten eine weitere
Kapitalisierung der Landwirtschaft. So kommt es, daß auch große Grundherren
, die Marktanschluß hatten, nicht mehr auf eine Umstellung der bäuerlichen
Abgaben auf Geld drängten. Die aufgezeigte Entwicklung macht den zunehmenden
Kapitalbedarf der Landwirtschaft deutlich, ist aber auch Ausdruck
eines intensiven Austausches einer prosperierenden Landwirtschaft mit
der Geld Wirtschaft der Stadt26.

Anfang des 14. Jahrhunderts wurden der wirtschaftliche Aufschwung und die
allgemeine Euphorie durch verschiedene Anzeichen einer Krise immer mehr in
Frage gestellt27. Die Bevölkerung war in weitaus größerem Umfang gestiegen,
als die Agrarproduktion bei dem Stand der mittelalterlichen Agrartechnik hatte
gesteigert werden können. Mißernten verschlimmerten die Ernährungssituation28
. Selbst die bäuerliche Unterschicht mußte sich zeitweise auf dem
Markt mit Getreide versorgen, was ihr bei steigenden Getreidepreisen nur
mühsam gelang29. Hungersnöte z.B. in den Jahren 1315 und 1317 waren die
Folge30. Mit den Pestepidemien Mitte des 14. Jahrhunderts brach die Wirtschaftsblüte
der Landwirtschaft abrupt ab. Zwar waren die Menschenverluste
auf dem Land geringer als in der Stadt, dennoch waren die Folgen des
„Schwarzen Tods" insgesamt für die Bauern verheerend. Die Pest hatte einen
Bevölkerungsrückgang bewirkt, der in manchen Gegenden 30-40% betrug.
Der Bevölkerungsrückgang ist allein schon an den zahlreichen Wüstungen des
Spätmittelalters abzulesen31. Für die Landwirtschaft bedeutete dies, daß der
Verbrauch von Getreide, eines der Hauptnahrungsmittel des Mittelalters,
stark rückläufig war. Dem hohen Preisniveau der Expansionsphase folgt nun
eine bis in in die 70iger Jahre des 15. Jahrhunderts reichender fallender Trend
bei den Getreidepreisen bei gleichzeitigem Ansteigen der gewerblichen
Preise32. D.h. der einzelne Bauer mußte nun mehr Naturalprodukte auf dem
Markt verkaufen, um seine Kosten, vorwiegend seine grundherrlichen Abgaben
, decken zu können. Für die Bevölkerungsteile, die ausschließlich von den
landwirtschaftlichen Erträgen lebten, öffnete sich eine immer weniger zu
überbrückende Preisschere zwischen Agrar- und Gewerbeprodukten33. Die
negative Wirtschaftsentwicklung auf dem Lande und der große Nachzugsbedarf
der Städte durch die Pestepidemien verstärkte den Sog vom Land in die
Stadt. Interessanterweise gerieten durch die Landwirtschaftskrise vor allem
die ganz kleine und die große, nicht aber die mittlere Bauernschaft in existen-
zielle Bedrängnis. Denn trotz der Verelendung der Kleinbauern fielen die Löhne
auf dem Land nicht, da die verarmten Bauern in die Stadt auswichen und
damit das Angebot an Arbeitskräften weiter begrenzt blieb. Die mittleren
Bauernstellen dagegen waren auch in Zeiten der Konjunktur in Eigenwirtschaft
betrieben worden. Den Anteil der Ernteerträge, den sie auf dem Markt

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