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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 186
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„Nun weiß ich es recht: der Bauer sticht den, der ihn salbt, und salbt
den, der ihn sticht. Daher hat ein Weiser gesagt: . . . Hund ist und
bleibt Hund. . . Das bäuerliche Volk, am besten im Leid, am
schlechtesten in der Freud, gleich wenn einer sagte: Äußerst fromm,
so lange er unterlegen ist, doch im Sieg völlig ruchlos"52.

Drückt ihn nieder, macht ihn klein den Bauern, wie er in den guten alten Zeiten
klein und häßlich war, lautet die gehässige Folgerung des Chorherren. Bei
dem Nürnberger Dichter Hans Rosenblüt hört sich das so an:

„Ich sprich, es ist in dreissig Jörn
Rechter Paurn nit vil gesporn
Das ist wol an irer Hoffart Schein,
Sie wölln all Herren sein523.

Ein Augsburger Schriftsteller aus dem Ende des 14. Jahrhunderts faßte die
städtischen Vorurteile mit folgenden Worten zusammen:

„Oh du grober, hartsinniger, harter, hinterwäldlerischer, unbrauch-
samer, untätiger, geiziger, unersättlicher, listiger und gefrässiger
Bauer"53.

Die Vorurteile wurden in ganz besonderem Maße durch die Neidhart- und
Fastnachts-Spiele im Land weit verbreitet54, die allerorts in den Städten zur
Aufführung kamen und von städtischen Verfassern stammen. Der Bauer und
nicht der „gemeine Mann" oder sonst eine andere Figur dient als Protagonist,
um als häßlicher Narr ungezügelte Triebhaftigkeit, Verschwendung und
Dummheit zu verkörpern55. Ort der Handlung ist das Dorf bzw. das flache
Land ganz allgemein. Man lacht über den tölpelhaften „dörper" und identifiziert
dieses Zerrbild mit den Bauern auf dem Markt. Der dörfliche Tölpel und
das Milieu sind zwar eine bewußte Verfremdung gegenüber dem städtischen
Publikum, das die literarische Zielsetzung als solche gar nicht wahrnahm, sondern
vielmehr sin in seinen Vorurteilen bestätigt sah. Die Übernahme dieses
Zerrbildes von einem Bauern durch die breite städtische Bevölkerung erlaubt
uns, hierin in gewisser Weise das Bild des Städters vom Landbewohner, damit
aber auch die Einschätzung über die soziale und gesellschaftliche Stellung des
Bauern wiederzuerkennen. Hinzukommt der Neid des einfachen Städters auf
den rundlichen und wohlgenährten Landbewohner, dessen steigende Getreidepreise
er oft nur mit Mühe bezahlen konnte56. Dieser Neid bestimmt z.B. das
Streitgespräch. „Der Ackermann von Böhmen", das der Stadtschreiber Johann
von Tepl um 1400 verfaßt hat. Auch in den Chroniken und anderen Erzählungen
begegnet dieses negative Bild vom Bauern. In den Wundererzählungen
des Caesarius von Heisterbach werden die Dämonen teilweise als vierschrötige
Bauern mit breiter Brust, eckigen Schultern, einem gedrungenen
Hals und auf der Stirn ein verwegener Haarwuchs, der z.T. wie Borsten herabhängt
, dargestellt57. Bei geistlichen Autoren kommt noch ein weiterer Vor-

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