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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 187
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wurf hinzu und zwar der der Gottlosigkeit. Der Straßburger Kaufmann Rudolf
Merwin (1307—1382), der sich 1366 in das von ihm gestiftete Johanniter-
haus in Straßburg zurückzog und sich als Mystiker einen Namen gemacht hat,
urteilte vernichtend über den Bauernstand.

„Du solt wissen, die Geburen lebbent in disen Citen onne alle Gottes-
forhte rehthe also frihhe, und si sint och also gar schalcehte worden
und also rehte hoffertig und also rehte bese in irm gemuote, und si
tragent in disen Citen also gar ze Grunde bese Gedenke und Willen in
irem hercen, domitte si der bese Geist besessen . . ,58.

Dies ist ein Vorwurf der bereits 100 Jahre früher von dem Franziskaner Ludwig
erhoben worden ist:

„Durch Trägheit, denn si suchen nicht zum Gottesdienste zu gehen,
und an den Feiertagen suchen sie Ausflüchte, wenn sie sagen, sie
müßten die ganze Woche durch arbeiten . . . "59.

In der Regel erhält der Bauer in den Fastnachtsspielen nur dann einen gewissen
positiven Zug, wenn er „bauernschlau" dem Teufel ein Schnippchen
schlägt oder den Ansprüchen seines Herrn in seiner Einfältigkeit entkommt60.
Eine gewisse Differenzierung und einen Wirklichkeitsbezug vom Bild des Bauern
läßt sich in der Annalistik der Bettelorden feststellen. Sie idealisiert den
Bauernstand als begnadeten Ur- und Grundstand, als „vera sancta
rusticitas"61. Der Franziskaner Berthold von Regensburg klagt in seinen Predigten
den Adel an und gibt ihm die Schuld an der Verarmung des
Bauernstandes62. Nicht selten berief man sich in diesem Zusammenhang auf
die gemeinsame Abstammung und auf die Gleichheit der Menschen vor Gott.
Hugo von Trimberg formuliert dies im „Renner" folgendermaßen:

„Pfaffen, ritter und gebure
sint alle gesippe von nature
und süln gar brüderlichen lebn"63.

Auch bei anderen Autoren dieser Zeit kann man eine positive Einstellung gegenüber
dem Bauern finden, auch wenn diese selten ist. So bezeichnet Konrad
von Ammenhausen in seinem „Schachzabelbuch" (1377) den Bauer „ein krön
ob andern antwerkluten"64. Eine hohe Wertschätzung erfährt der Bauer in der
Chronik der Stadt Köln aus dem 15. Jahrhundert. Hier wird die Stadt durch
den Bauer symbolisiert dargestellt Der Name Köln wird von „colonus" abgeleitet
und mit Christus in Bezug gesetzt65. So wird in den stadtkölnischen
Chroniken mehrfach der Reichsadler mit dem „Kölner Bauer" belegt, für das
spätmittelalterliche Bürgertum ein nicht alltäglicher Vorgang66. Auch in dem
vor 1520 entstandenen Ständebaum des sog. Petrarca-Meisters67 wird dem
Bauer eine zentrale Stellung zugewiesen. Gleichsam im Wurzelgeflecht eines
ausladenden Baumes knien zwei Bauern mit einer Mistgabel bzw. einer Keule,
beides Arbeitsgeräte und Waffen zugleich, und tragen mühsam die in Stände

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