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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 189
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gegliederte Gesellschaft, deren Repräsentanten nach Rang geordnet und nach
oben aufsteigend in den Zweigen sitzen. Aber ganz oben, in den Wipfeln des
Baumes finden sich wiederum zwei Bauern, ganz entspannt und von denen einer
mit seinem Fuß auf der Schulter des Papstes steht, während der andere
scheinbar mit dem Fuß die Krone des Kaisers berührt. Deutlich wird aus der
Gesamtdarstellung, daß der Künstler den Bauern für das Fundament der
menschlichen Gesellschaft hielt. Aus seinem Stand sind nicht nur alle anderen
entsprungen, der Bauer ist auch fähig, sich über alle anderen Stände, selbst
über den Papst und den Kaiser emporzuschwingen. Im dazugehörenden Text
wird die hier geübte Ständekritik ganz deutlich:

,,Du darfst nicht denken, daß Blut edel macht. Blut ist einander
gleich, des Bauern und des Edelmanns. Der Vater kann dir Leib und
Blut vererben, den Adel aber nicht, den mußt du dir selbst mit redlichen
Taten erwerben"68.

Während in den früheren Jahrhunderten verschiedentlich eine ausdrückliche
Wertschätzung des Bauern festgestellt werden kann69, zeichnet sich seit dem
13. Jahrhundert und zwar mit dem Strukturwandel der feudalen Grundherrschaft
eine Veränderung in der Einstellung des Adels gegenüber den Bauern
ab. Immer häufiger bestimmen abschätzige und verächtliche Bemerkungen
das Bild von der Landbevölkerung. Vor allem weckten die wirtschaftlichen
Erfolge der Bauern bei den Grundherren Neidgefühle, hatten sie doch wegen
der weitgehenden Festschreibung der Abgaben kaum einen Anteil am Wirtschaftsaufschwung
. Ja sie fühlen sich in einem gewissen Umfang um den Ertrag
ihrer Güter betrogen. Das Sprichwort ,,all beschyss yetz vom buren
kommt"70 machte die Runde. Heinrich der Glichezaere sagt in seinem „Reinhard
Fuchs:"

„ein gebvre vil riche

der saz gemecheliche

bei einem dorfe vber eim velt,

da hat er erbe vnde gelt,

korn vnde hirsez genvc"71

Der Bauer kommt beim Adel in den Ruf eines geizigen, reichen und heimtückischen
Mannes, der zudem noch faul ist.

„Korn und wyn halten hynder sich
und anders, das die werden rieh,
und machen selber inn eyn dürr"72.

Aber nicht nur wirtschaftliche Gründe spielten in diesem Zusammenhang eine
Rolle. Parallel zu den wirtschaftlichen Veränderungen auf dem Lande vollzog
sich seit dem 13. Jahrhundert eine Abschließung des Rittertums, das im wesentlichen
vom Niederadel gestellt wurde, nach unten. Bereits im Landfrieden
Kaiser Friedrich I. von 1189 Dez. 29 wurde festgelegt, daß Bauern sich nicht

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