Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
66. Jahresband.1986
Seite: 194
(PDF, 109 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0194
„Enge röcke tragen sie un smale schaperune,

rote hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen . . ."86

„Rädelohte sporen treit mir Friderpreht ze leide
niuwen vezzel hat er baz dan zweier hende breit. . . "87.

„In enmac gehelfen niht sin hovelich gewant.
Enge ermel treit er lanc
die sint vor gebraemet,
innen swarz und uzen blanc.
Mit siner rede er vlaemet"88.

„Ich wil iu klagen mine schumpfentiure
von einem doerper spaehen.

so kruse loc gesah ich vert noch huire.

Den selben kripel waehen,

den wir bekennen bi des lewen houbet,

Derts wol anderhalp Franzeis,

ein stöuber under wibern.

Sin burse machet in puneis.

sin kursit ist ein Schampeneis.

Ja müge wir vor dem dörper niht beliben"89.

Auch der Schnitzer des Isenheimer Altars stellt den Bauern sowohl in brauner,
wie aber auch in modischer, d. h. in greller grüner, roter Kleidung dar. Ähnliche
Verse ließen sich aus den Neidhart-Liedern auch für die Bauernmädchen
zitieren90. Die übersteigerte bäuerliche Geltungssucht drückte sich auch darin
aus, daß einzelne Bauern ritterliche Waffen trugen, was ihnen seit dem Landfrieden
von 1152 verboten war91. Andere imitierten in fast skuriler Weise und
unter dem Gespött des Adels auf dem Dorfanger ritterliches Turnieren zu Ehren
Mätzis. Die Helme sind aus Weidengeflecht, ihr Aufzug, ihre Rüstung
werden z. B. folgendermaßen beschrieben:

„Der erst was unser Treifnas,
ein held reht sam ein giesfas.
Des wappen wahrend gabier zwo
in einem mist; der war er froh"92

Aber auch so mancher Bauer scheint, wie Sebastian Brant berichtet, von diesem
Gehabe angesteckt worden zu sein und sein Gut mit dieser Prahlerei
durchgebracht zu haben623. Diese grotesk-komischen Szenen verdeutlichen in
ganz besonderer Weise, daß zumindest ein Teil der vermögenderen Bauern ritterliche
Lebensformen annehmen wollten. Doch zwischen gesellschaftlicher
Wirklichkeit und ihrem Wunschziel lagen zu viele tiefe Kluften, als daß man
diese durch Imitation des Lebensstils oder Geld so einfach hätte überwinden
können. Was sich hier andeutet, ist eine übersteigerte Trotzreaktion der ver-

194


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1986/0194